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gar auch von jenseits des Rheines, wo die Schweizer
Nachbarn wohnten.
Anna Stoß hatte der Verurteilten das Aruzifix
gebracht.
Wie gefaßt und ruhig war das Gretli! Wie himm
lische Verklärung lag es auf dem eingefallenen Gesicht-
chen, die Augen leuchteten wie in überirdischem Glanze.
Anna Stöß hielt in verzweiflungsvollem Schmerze das
Mädchen umschlungen; sie wagte nicht, ihm von ihren
Hoffnungen zu sprechen, wußte man doch gar nicht, ob
der Aloys den Grafen Franz Maria getroffen hatte.
Gr mußte ja längst, längst zurück sein!
Sie mußte Abschied von dem Gretli nehmen, der
grimme Wächter drängte auf Verlassen des Verließes.
„Im Fimmel sehen wir uns wieder, Bäuerin! Habt
nochmals Dank für alle Eure Güte! Grüßt auch den
Bauer; grüßt auch den Aloys!"
Das Gretli wollte stark sein; aber die Stimme bebte
jetzt doch, kaum konnte es fortfahren:
„Bäuerin, härmt Luch nicht. Gott hat es so ge
wollt. Segnet mich, Bäuerin, segnet mich, Mutter!"
Sie brauchte zmn erstenmal den weichen Namen
Mutter, laut aufschluchzte die Bäuerin.
„Mein Aindle, mein arm's, lieb's Gretli!"
„Mutter, im Fimmel sehen wir uns wieder!" —
Die Holzstöße rauchten und prasselten, Rauchwolken
verdüsterten für einen Augenblick die Luft; an einem