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Dann hub die Bäuerin leise an, die brennendheißen
Augen auf den schmerzgebeugten Einzigen gerichtet:
„Meinst, Aloys, daß sie mich reinlassen in das
Gefängnis? Noch einmal wollt' ich das Gretli, das
liebe, sehen."
Sie schluchzte gequält aus.
„Meinst es wohl, Aloys?"
„Aönnt es immerhin versuchen, Mutter."
„Meinst, daß sie es erlauben? Noch einmal wollt'
ich das lieb' Gesichtle streicheln, noch einmal in seine
treuen, guten Augen sehen! Und das Aruzifix wollt
ich dem Gretli bringen, weißt, was noch von meiner
Ahn stammt, daß es ihm Trost gibt auf dem schweren
Gang."
Mit müden, schleppenden Schritten trat die Bäuerin
an den uralten Schrein; sie zog ein Gefach heraus und
suchte nach dem Aruzifix. Da stieß sie einen Schrei aus.
„Jesus, Maria und Josef, der Ring vom Grafen
Franz Maria von Hohenems! Der Ring, der Ring!
Leicht, daß der Graf helfen kann!"
Sie hob den funkelnden Gegenstand in die Höhe
und erzählte mit fliegendem Atem den beiden Männern,
wie das Gretli in den Besitz desselben gelangt war.
„Und er hat gesagt, der Graf Franz Maria, des
alten Aaspars Sohn, daß das Gretli sich nur immer
getrost an ihn wenden solle, wenn es in Not sei; er
würde ihr helfen, wo er sich auch immer befinden