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Auch die Truda hatte sich für ein Weilchen auf die
Ofenbank gelegt; die erschlafften Glieder versagten fast
gänzlich den Dienst, und die Kleine lag ja jetzt ganz ruhig.
Und war nicht Gretli da? Das treue, liebe Mäd
chen, dem die Herzensangst, die es um das Mariele
hatte, aus jedem Zug des traurigen Gesichtchens sprach?
Gab es wohl eine treuere Hüterin, einen bessern Schutz
als das Gretli?
Die Truda lag auf der Ofenbank, die Arme unter
dem Kopf verschränkt; ruhige, gleichmäßige Atemzüge
verrieten, daß sie Schlaf gefunden hatte und für ein
Weilchen Vergessen ihres großen Leides.
Nur Gretli wachte.
Auch sie kämpfte mit aller Macht gegen den schlaf.
Wenn nur die Luft nicht so dunstig gewesen wäre!
Fast benahm sie ihr den Atem. Unruhig flackerte das
Talglicht, das schon weit herabgebrannt war. Ls warf
lange, zitternde Streifen über das Bett und ließ mit
seinem gelben schein das Gesichtchen des Kindes noch
fahler erscheinen.
Dann und wann erhob sich Gretli von den Knien,
aus denen sie in betender Haltung, den Rosenkranz
zwischen den Fingern, lag, nahm ein Tuch, trocknete
sanft die nasse Stirn des Kindes und netzte ihm mit
Wasser die trockenen Lippen. Kein Zug des Trkennens
glitt über die Züge des Mariele, es wußte gar nicht,
daß sein liebes Gretli an seiner?: Lager weilte.