Volltext: Geschichte des Gebietes des heutigen Fürstentums Liechtenstein, für Schule und Haus

Glaubensstreitigkeiten und sonstige Kriege hatten das Volk so verroht, 
daß es mehr an den Teufel als an den lieben Gott backte. Geschah 
irgend ein Unglück, gab es langen Regen, Mißwachs, Dürre, Vieh 
seuchen, Krankheiten, plötzliche Todesfälle, Feuersbrünste, so hieß es 
gleich: das haben die Hexen gethan. Wurde jemand durch Fleiß und 
Sparsamkeit oder glückliche Geschäfte reich, so steckte Hexerei dahinter. 
War jemand fromm und fleißig im Kirchenbesuch, so wollte er dadurch 
nur seinen Umgang mit dem bösen Feinde verhehlen. Bald entstand 
ein Lärm unter den Bethörten, die Obrigkeit müsse einschreiten, und 
dieser Lärm fand Gehör. So kamen schon i. I. 1584 die Richter 
und Geschwornen der Gemeinden zum Grasen und verlangten von 
ihm die Erlaubnis, gegen die bösen Hexen gerichtlich einschreiten zu 
dürfen, da man es sonst nicht mehr aushalten könne. Als ihrem 
Begehren entsprochen wurde, nahm die Angeberei so überhand, daß 
fast keine Familie verschont blieb und das ganze Land in den schlimmsten 
Ruf kam, als ob alles Gott und der hl. Religion abgeschworen und 
sich dem Satan ergeben hätte. Kein Band der Verwandtschaft wurde 
mehr geachtet. Geschwisterte traten sogar gegen Geschwisterte, Kinder 
gegen Eltern aus und umgekehrt. Wie eine ansteckende Seuche ergriff 
das Übel alle; kein Stand blieb verschont, selbst die Geistlichen nicht. 
Das Gericht verfuhr anfangs mit großer Vorsicht und Milde; allein 
das Volk war damit nicht zufrieden. Es drängte die Obrigkeit zu 
größerer Strenge und drohte sogar mit Empörung, wenn man nicht 
schärfer gegen die „Hexen" einschreite. So begannen dann die schreck 
lichen Torturen an der Folter und die Hinrichtungen so vieler be 
mitleidenswerter unschuldiger Menschen- Weigerte sich der Angeklagte 
auf die ihm vorgelegten Fragen „ja" zu sagen, so wurde er grausam 
gefoltert. Bekannte er unter den Qualen der Folter sich des ihm 
vorgeworfenen Vergehens schuldig, so wurde er zum Tode verurteilt, 
leugnete er standhaft, so war es Hexerei, die ihm den Mund verschloß. 
In jedem Falle war er verloren. Darum wollten viele lieber trotz 
ihrer Unschuld Dinge bekennen, an die sie nie gedacht hatten, als die 
ausgesuchten Qualen der Folter ohne Aussicht auf Beftciung ertragen. 
Sie wurden enthauptet und ihre Leichen verbrannt. Manche Fami 
lien wurden derart verfolgt, daß sie gänzlich ausstarben, weil man 
die Hexerei sogar für erblich hielt. Männer und Frauen, Leute in 
jungen Jahren, sogar Kinder wurden als Hexen verbrannt. Meid 
und Rache spielten eine entsetzliche Rolle. In einem einzigen Monat
	        

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