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ihre Sprache aus der keltischen, romanischen und alaniannischen zusam
mengesetzt. Doch gewann die letztere nach und nach die Oberhand, so daß
unsere jetzige Mundart mit Recht die alamannische genannt wird.
2. Während dieser Zeit hatte das Christentum von Italien her
in Rhätien Eingang gefunden und auch schon festen Fuß gefaßt. In
allen römischen Heeren gab es eine Menge christlicher Soldaten bis
zu den obersten Stellen hinauf, und diese übten ihren Glauben auch
unter den Rhätiern aus. Manche rhätische Krieger, die in Italien
oder anderswo das Christentum kennen gelernt hatten, kamen als
Christen und als christliche Glaubensbotcn in ihre Heimat zurück.
Jeder Kaufmann, jeder Soldat, jeder Sklave konnte so zum Apostel
werden. Überdies gab es solche, die Städte, Dörfer und Weiler durch
wanderten, um das Evangelium zu predigen. So kamen von Mailand
her Sendboten nach Rhätien und die große Zahl jener Christen aller
Stände, die der blutigen Verfolgungen wegen über die Alpen in die
einsamen rhätischen Thäler und Gebirge sich geflüchtet hatten, waren
gewiß für die Ausbreitung ihrer Religion nicht unthätig.
Um das Jahr 180 aber trat Rhätiens größter Apostel aus —
der hl. Luzius. Er war ein König in Britannien (England). Schon
in seiner Jugend war er zum Christentum bekehrt worden, und als
er älter geworden, verließ er sein Land und seinen Thron, um mit
Zustimmung des Papstes Eleutherius das mühevolle Amt eines christ
lichen Glaubensbotcn anzutreten. Er kam nach Augsburg und von
dorther in das obere Rhätien und über die nach ihm genannte Luzien-
steig bis Chur, wo er nach segensreicher Wirksamkeit starb. Uber
seinem Grabe wurde ihm zu Ehren eine Kirche erbaut, wahrscheinlich
die älteste Kirche von ganz Rhätien. Das Bistum Chur hat den
hl. Luzius von jeher als seinen Patron verehrt.
Die Namen der ersten Bischöfe von Chur hat uns die Ge
schichte nicht aufbewahrt. Mitten in der bewegten Zeit der Völker
wanderung aber wirkten kräftige und fromme Bischöfe daselbst, so
zur Zeit des Hunncneinfalles der hl. Asimo, später der hl. Valentinian,
der in einer Zeit, da die Menschen weggemäht, die Städte und
Ortschaften entvölkert, die Kirchen verbrannt und die Felder zerstört
wurden, ein großer Wohlthäter der Armen und Bedrängten war. Als
er i. I. 548 starb, weinte ganz Rhätien um ihn, wie um einen Vater.
Er hatte auch bei der Kirche des hl. Luzius in Chur ein Kloster und
eine Schule gegründet, wo die Geistlichen und Beamten Rhätiens