Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein im Wandel der Zeit und im Zeichen seiner Souveränität

1815, entworfen von Landvogt Josef 
Schuppler, lesen wir: „Der Handwerks 
mann ist nur auf den Verdienst, den er sich 
im Lande erwirbt, beschränkt, und weil die 
ser äußerst unbedeutend ist, so kann sich 
auch der Gewerbsmann bloß mit seinem 
Handwerke nicht durchbringen, muß sich 
mehr auf den Feldbau verlegen und sieht 
jenes als eine Nebensache an ... Darin liegt 
der Grund, daß die hierländigen Professio- 
nisten nur bei den oberflächigen nothwen- 
digsten Kenntnissen stehen bleiben und sich 
keineswegs durch Wandern oder Arbeiten 
in besseren Werkstätten zu ordentlichen 
Meistern qualifizieren.“ 
Die Maurer und Zimmerleute begaben sich 
damals jedes Frühjahr nach der Schweiz, 
nach Frankreich und Schwaben, von wo sie 
im Herbste mit ihrem Ersparten heim 
kehrten. 
Damals blühte im Lande noch ein anderes 
lohnendes Gewerbe: das Frächtergewerbe 
für alle Fracht und das Salz von Schwaben 
und Vorarlberg durch Liechtenstein nach 
Maienfeld. Hiefür bestand eine besondere 
Rodordnung. 
So ist es auch verständlich, daß bei uns das 
Zunftwesen, das in den umliegenden Staaten 
eine große Rolle spielte und außerordentlich 
viel für die Heranziehung junger Gesellen 
und Handwerksmeister tat, nie Boden faßte. 
Die i. Gewerbeordnung 
Im Jahre 1864 legte Landesverweser Karl 
von Hausen dem Landtage einen Entwurf 
einer Gewerbeordnung vor. Dieser Entwurf 
fußte auf der österreichischen Gewerbeord 
nung von 1859. Da für die damalige frei 
heitliche Auffassung des Landtages der Ent 
wurf zu viele amtliche Bindungen enthielt, 
fand er nicht den Beifall des Parlamentes; 
Landesverweser von Hausen zog den Ent 
wurf zurück. 
Schon im Jahre 1865 legte die Regierung 
einen neuen Entwurf für die Gewerbe 
ordnung vor. Der Berichterstatter, Abge 
ordneter Keßler (damals Adjunkt und nach 
der Gewaltentrennung von 1871 Landrich 
ter) sagt in seinem Referate, daß die neue 
Regierungsvorlage von der letztjährigen im 
Wesentlichen davon abweiche, daß die Be 
rechtigung zur selbständigen Ausübung von 
Gewerben meistenteils nur von der Anmel 
dung der beabsichtigten Beschäftigung bei 
der Gewerbebehörde abhängig gemacht 
wird, während in dem früheren Entwürfe 
jede Gewerbeausübung an die Erwirkung 
einer behördlichen Konzession gebunden 
war. Längst habe man den Mangel eines 
Gewerbegesetzes gefühlt und wiederholt 
Anlauf genommen, ein solches zu erlassen; 
das Vorhaben sei aber immer wieder ins 
Stocken geraten und die altherkömmliche 
gewerbliche Ungebundenheit habe fortge 
dauert. Man könne nicht erwarten, daß uns 
das Gewerbegesetz eine größere Gewerbe 
freiheit gewähre als die, welche wir bereits 
besitzen. Der Zweck des Gewerbegesetzes 
könne nur der sein, in unser Gewerbewesen 
eine Ordnung zu bringen, ohne zugleich 
lästige Beschränkungen einzuführen. So kam 
es also zur ersten liechtensteinischen Gewer 
beordnung vom 16. Oktober 1865, die am 
1. Jänner 1866 in Kraft trat. Die Gewerbe
	        

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