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Beispiel: „Schibui, Schibaa, Schibii, wem soll
dia Sdiiiba sii? Dia Schiiba soll am Uoli
sii..Dabei wird neuestens allerlei Ulk ge
trieben. Dieser Brauch herrscht noch an
manchen andern Orten, auch in Graubün
den. Daß er auch bei uns bestanden, bezeugt
der Name „Schiibabüchel“ in Triesenberg.
In Balzers 'war, nach Fischer, das Scheiben
schlagen vor etwas mehr als ioo Jahren noch
üblich. An das Verschwinden dieses Brauches
knüpfe sich die Sage, daß einige Burschen
dabei unsittliche Sprüche sagten, worauf
plötzlich ein unbekannter Mann bei ihnen
stand, bekleidet mit einem grünen Gewand,
auf dem Kopfe einen grünen Hut mit grüner
Feder. Bei näherem Zuschauen sahen sie
seine Geißfüße. Nun liefen alle vor dem
Teufel davon — das Scheibenschlagen hörte
auf. Wir gehen nicht fehl, wenn wir die
Entstehung dieser zwei Bräuche weder auf
die Verbrennung der Burgen durch die em
pörten Bauern noch auf die Pestzeit zurück
führen, sondern darin einen uralten räti-
schen Feuer- und Sonnenkult sehen. Denn
sie bestehen auch in Graubünden, und ge
rade über das Scheibenschlagen schreibt
Monsignore Caminada: „Daß das Scheiben
werfen nur mehr von den Schulknaben ge
übt wird, ist das Zeichen des Aussterbens
des Brauches. Die Schulknaben üben im
Spiel noch dasjenige, was früher eine ernste
heidnische liturgische Sonnen- oder Feuer
kultfeier war. Kinder können auch sonst
nur mit leeren Schalen spielen. Hier spielen
sie ebenfalls mit Dingen, deren ursprüng
licher Kern und Sinn ihnen verloren gegan
gen ist. Es ist aber merkwürdig, mit welcher
Hartnäckigkeit die alten, leeren Formen sich
noch behaupten. Man sieht daraus auch, wie
wichtig alte Kinderspiele für den Kultur
historiker sind.“
Wenige Tage vor diesem Bubenbrauch gei
stert ein Faschingsbrauch, der „schmotzeg
Dornscbteg“. Da geht es eben nicht anders,
es muß „gerußelt“ werden. Geschieht dies
gegenseitige Schwärzen nur mit Ruß, dann
geht’s noch an, wenn aber Speckschwarten
im Spiele sind, dann kann sich die Mutter
auf die Kleiderwäsche freuen!
Und für die Köchin heißt es: „Aufgepaßt
auf den Suppenhafen!“ Durch allerlei Täu
schungsmanöver suchen Burschen die Köchin
aus der Küche zu locken, währenddem ein
anderer den Suppenhafen samt Bohnen
suppe und geräuchertem Fleisch mitgehen
heißt. Ein alter Schuh wird dann bei der
Rückgabe im Hafen liegen, und die Köchin
hat zum Schaden den Spott. Nicht selten
aber führten die gewitzigten Mädchen die
Burschen hinters Licht, indem sie zum vor
hinein einen alten Schuh in den Hafen
geben. Noch gut ist in Erinnerung, wie sei
nerzeit die Burschen, gleich Kundschaftern
aus dem Morgenlande, einhermarschierten,
eine Reihe Suppenhäfen an der Stange, vor
aus ein Sensenschläger. Dann begann in
irgendeiner Scheune der Schmaus.
Der Zuschrift einer jungen, hübschen Liech
tensteinerin, die es ja wissen muß, entneh
men wir folgendes: „In der Andreasnacht,
am 30. November, sitzen die Ledigen nach
altem Brauch bevor sie ins Bett gehen auf
die Bettstatt und beten: Heiliger Andreas,
ich bitt dich, auf der Bettstatt sitz ich, laß
mich träumen diese Nacht von meinem aller
liebsten Schatz. Ist er reich, so kommt er ge-