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Ohra n uus, oder i wörf de ober Spetz und
Berg uus.
Zum Marienkäferchen: Frauatierle, stand
ufs Schtüale, luag, ebs morn guat Wetter git.
Nicht übergehen wollen wir den uralten
indogermanischen Lebensvers, der in jeder
Gemeinde entsprechende Variationen auf
weist:
Ritta, ritta, Rößle, z Wallastadt a Schlößle,
z Koor (Chur) domm a goldes Huus,
as luagand drei Jungfraua drus:
di ää schpinnt Siida,
di ää schnetzat Kriida,
die ää goot is Glockahuus
und loot die heileg Sunna n uus.
Man beachte vorerst den altgermanischen
Rhythmus mit 4 Hebungen; dann erschei
nen, etwas verschleiert, die 3 Schicksalsgöt
tinnen, denen der Faden des Menschenlebens
anvertraut ist.
Aus den Kinderspielen wie Gigampfa,
Gguggessa, Kögala, Messerla, Lorumma
oder Saulocha, Pfeilschießen u. a. (heutzu
tage wird „tschuttat“) greifen wir nur eines
heraus wegen seines interessanten Anzähl
reims und seines Tabu-Prinzipes: das Fang
spiel = Fangatis oder Sdiläppla. Der An
zählreim hiezu lautet (in Balzers): Anaga,
kanaga, tumpeldi; kribis krabis Domini;
Salz, Schmalz, Ksessepfanna: dia da duß.
Auch hier ist wieder beachtenswert der alt
germanische Rhythmus mit 4 Hebungen.
Sind die Eingangsworte dunkeln Ursprungs,
so fällt u. a. der Einfluß des Kirchenlateins,
der des Triesenberger Dialektes auf. Ist nun
das Spiel im Gange und einer der Spielenden
in Gefahr, gefangen zu werden, findet er
Zuflucht an einem zuvor bestimmten Orte,
meistens an einem Baume. Von diesem Orte
heißt es dann in Balzers „es ischt bbotta“,
in Ruggell „as ist bbütt“, d. h. hier ist Sicher
heit geboten, der Verfolgte darf nicht be
rührt werden, er ist immun, hier ist tabu.
Das erinnert stark an die germanische Ge
richtsstätte unter dem heiligen Baum, der
sidieren Stätte. Aber diese Immunität ist
von beschränkter Dauer: auf einen gewissen
dreimaligen Spruch muß der Schutzsuchende
den sicheren Ort verlassen. Dieser Spruch
lautet in Balzers: „Rädle, Rädle, drümol
umma, wenn d net flügscht, so bischt“; in
Vaduz: „Vögili, Vögili, usam Nescht, wenn
d net flügscht, so bischt.“ Auch andernorts,
bis ins Elsaß hinaus, herrscht dieses Tabu
gesetz und klingt der ähnlich beginnende
Anzählreim („enaga, benaga“ in Frastanz,
„eni, beni“ in Schaan).
Wir nehmen von Kinderspiel und -reim
Abschied und bringen eines, das über den
Kinderreigen hinausgeht, den Tanz der Er
wachsenen. Von den modernen Tänzen wol
len wir absehen und nur die halb vergessenen
ins Gedächtnis rufen, samt den dazugehö
rigen Sprüchen:
Schottisch: Komm Annele, komm Annele,
komm helf mr du verdiana. För was, för
was? Förs Bodele und förs Glas. Masolka
(Mazurka): Hinat z Nacht, mora z Nacht
hemmr töri Biara z Nacht, ääs, zwää, drüü,
vier, füüf, sex, sieba, acht, nüü und so muaß
sii. Walzer: I go net hääm, bis elfe schiacht
und bis mr d Muatter Küachle bacht. Polka:
Polka, Polka, tanz is so gern met ama
schöna, junga Herrn, met ama läda mag
i net, liaber tanz i dr Polka net. Kreuzpolka:
Sixt a wohl, da kimmt er, lange Schritte