Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein im Wandel der Zeit und im Zeichen seiner Souveränität

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berührt. Leider sind nun durch die moder 
nen Verkehrs- und wirtschaftlichen Verhält 
nisse auch in ihrer Mundart Abbröckelungs 
erscheinungen wahrzunehmen. 
Gleich vorwegnehmen wollen wir die in 
teressante grammatikalische Eigenheit der 
alten prädikativen Übereinstimmung des 
Eigenschaftswortes mit dem Subjekt, wie wir 
sie noch im Berner Dialekt bei Jeremias 
Gotthelf finden, z. B. „dr Ätti ischt chran- 
cha, d’Mamma ischt chränchi, ds Chind ischt 
chranchs", oder „er ischt aalta, schi ischt 
äälti, es ischt aalts“. Wie im westlichen Ale 
mannischen lautet das anlautende k in Trie- 
senberg wie ch: chalt, Chind, Chnecht für: 
kalt, Kind, Knecht. Aber auch im Wort 
inlaut nach „n“ wird ch oder h gesprochen, 
z. B. trincha, dencha, wincha (früher wohl 
auch wie im Waiserischen andernorts triicha, 
deicha, wiicha) gegen tringga, tengga, win- 
gga in den Talgemeinden, für trinken, den 
ken, winken. Nach Prof. Jutz findet sich 
diese Aussprache mit ch außerhalb des Wai 
serischen nur noch im Berner Oberland, und 
die Mundarten mit diesen Eigentümlichkei 
ten werden hochalemannisch genannt. Nur 
waiserisch ist auch die breite Aussprache des 
„s“ in Wörtern wie böösch für „böse“, ünsch 
für „uns“, schie für „sie“, Müüsch für „Mäu 
se“ usw. Waiserisch ist auch: geischt, geid, 
schteischt, schteid für: gehst, geht, stehst, 
steht. Des weiteren wird in Triesenberg in 
den Wörtern „leer, schwer, Schere, ich gäbe“ 
und ähnlichen ein helles ee gesprochen gegen 
oder ää im übrigen Liechtenstein. Kurz 
erwähnt seien noch folgende waiserische 
Eigentümlichkeiten: Sehr häufig wird das 
auslautende „t“ wie „d“ gesprochen, ferner 
eu für üü, also Fleuga, teuf für Flüüga, tüüf, 
„Fliege, tief“. Das „a“ in Wörtern wie „Bad, 
Rad, Tag, ja“ lautet, im Gegensatz zu den 
Talgemeinden, sehr kurz. Wörter wie „mor 
gen, Horn“ lauten: moora, Hoora. Neben 
der Verkleinerungssilbe „li“ finden wir „ti“ 
und „i“: Chesselti, Alpelti, Tschuggelti, 
Eggelti, Bäärgi. Endlich bevorzugt der Trie- 
senberger gern die starke Konjugation, wie 
bbrunga für bbraacht, „gebracht“. 
Das wären nur einige, keineswegs erschöp 
fende, Ausführungen über die Sprache der 
Liechtensteiner. Und nun sollen zusammen 
hängende Mundartproben aus Balzers, der 
südlichsten, Ruggell, der nördlichsten und 
Triesenberg, der Walsergemeinde Liechten 
steins, dem Leser zu kosten gegeben sein. 
Über den, leider ausgestorbenen, Triesen- 
berger Brauch „Sähati" lassen wir Ober 
lehrer Beck zu Worte kommen, die Zusam 
menstellung über die Heuarbeit verdanken 
wir Prof. Jutz. 
Heuarbeit 
Es wird langsam Zeit, daß man mit dem 
Heuen beginnt; das Gras ist reif genug, und 
das Wetter dürfte halten. Die Sensen habe 
ich schon gedengelt und gehörig eingestellt; 
bei der einen ist die Breitseite beschädigt ge 
wesen. Jetzt schneiden sie wieder wie Gift, 
daß es geradezu eine Freude ist. Wenn nur 
die malefiz Mäusehaufen nicht wären; die 
machen den schönsten Dangel hin. Die Wetz 
steinfässer vergißt ein guter Mäher ja auch 
nicht.
	        

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