Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein im Wandel der Zeit und im Zeichen seiner Souveränität

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nicht Besitz vom einfachen Denken des 
Dörflers. Der Individualismus des Städters 
ist ihm fremd. Er fühlt sich als Teil einer 
lebendigen Gemeinschaft, die auf Gedeih 
und Verderb zusammenhält, seiner Dorf 
gemeinschaft! Einsam und verloren würde 
sich ein echter Dörfler im kalten Getriebe 
der Stadt fühlen, denn wie sang doch der 
Barde unserer Heimat, Prälat J. B. Büchel: 
Nicht der Städte falschen Schimmer, kenn 
ich Dörfer Frieden nur! 
Hundert und mehr Generationen prägten 
das Antlitz unseres Dorfbildes. Rätische, 
romanische und alemannische Einflüsse wirk 
ten an seiner Gestaltung und Formgebung 
mit. Schon das Frühlicht der prähistorischen 
Zeit sah das Werden der ersten Dorfsied 
lungen im Bereiche unserer Heimat. Nach 
den Höhlenbärenjägern, die in Höhlen not 
dürftige Unterkunft fanden, errichteten die 
Einwohner der Steinzeit auf ihren Hütten 
plätzen reisig-geflochtene, lehmverstrichene 
Kuppeldachhütten. Jagd, Fischerei und das 
Sammeln von Wildfrüchten boten kärgliche 
Nahrung. Erdwälle und primitive Verhaue 
schirmten die Siedlung gegen Raubwild und 
menschliche Feinde. 
Der Einbruch der Kelten brachte in der 
Eisenzeit eine merkliche Hebung der Dorf 
wohnkultur mit der Einführung des Block 
baues aus gewetteten Stämmen. Eine hoch- 
entwickelte Viehzucht mit nahezu allen 
heute bekannten Haustieren, unter Ein 
schluß des kleinwüchsigen Tarpanpferdes, 
und ein reger Ackerbau bildeten die wirt 
schaftliche Grundlage des rätischen Dorfes. 
Schwein und Rind waren die bevorzugten 
Haustiere jener Zeit, wie die Knochenfunde 
auf dem Borscht beweisen. Die Dorfanlagen 
wurden zum Teil als eigentliche Wall- und 
Fliehburgen ausgebaut, so die Borschtsied- 
lung auf dem Schellenberg. 
Der Ursprung unseres heutigen Dorfes wur 
zelt in der rätoromanischen Zeit, wie die 
Dorfnamen bezeugen. Rätische Deutung las 
sen zu die Ortsnamen: Bendern, Eschen, 
Mäls, Nendeln, Triesen und Schaan. Dem 
romanischen Sprachkreis gehören an die 
Dorfbezeichnungen: Balzers, Planken, Va 
duz, Mauren, Gamprin und Ruggell. 
Die römische Geschichtsepoche bewirkte eine 
neuerliche Bereicherung des Dorfbildes. Die 
abgedankten römisch-rätischen Legionäre 
legten in ihren Musterfarmen Obst- und 
Hausgärten an und führten den Weinbau 
ein. Romanische Einflüsse sind heute noch 
in der romanischen Dorfflur und im Haus 
bau (Steinsockel und Flachdach) erkennbar. 
Der bäuerliche Wortschatz erinnert jetzt 
noch an die römische Kolonisation in Wor 
ten wie forgga (Gabel), gugumera (Gurke), 
guttara (Flasche) u. a. 
Im 5. Jahrhundert setzte die Landnahme 
durch die Alemannen ein. Alemannische 
Siedler durchsetzten die rätischen Dörfer 
und wandelten sie weiter um. Die Aleman 
nen lebten in strengen Sippenverbänden und 
begründeten Marktgenossenschaften. Sie 
führten die Gewannflur ein und gestalteten 
die Siedlungen zu Haufendörfern, wie sie 
in ihrem Kern, z. B. Triesen, Vaduz und 
Eschen darstellen. Die Siedlungsform des 
Haufendorfes entspricht den Gegebenheiten 
der Gewannflur. Der Landbesitz eines Dor 
fes wurde entsprechend der Dreifelderwirt 
schaft in Gewanne eingeteilt. Jedem Dorf-
	        

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