zum Verschwinden. Jahrhundertelang ge
hörte dann fast der ganze Talboden nur
dem Rhein. In dieser Zeit konnten die Tal
gründe nur unter größten Opfern bebaut
werden.
Gegen Ende des Mittelalters nahm der
Rhein immer mehr den Charakter eines ge
schiebeführenden Wildwassers an. Der frü
her recht rege Güterverkehr auf dem Rhein
strom wurde immer schwieriger und mit
der Zeit ganz unmöglich. Klimaveränderun
gen brachten mehr Niederschläge und ver
größerten die Erosionstätigkeit. Der Kahl
schlag ausgedehnter Waldungen im Einzugs
gebiete des Rheines hatte auf die Wasser-
und Geschiebeführung einen ungemein un
günstigen Einfluß. Die Wirkung der geolo
gischen Erosion wurde durch Waldzerstö
rungen im 18. und 19. Jahrhundert in gro
ßem Ausmaße verstärkt. Geschiebeablage
rungen bewirkten Sohlenerhebungen im
Strombette und führten zu seitlichen Aus
brüchen und zu immer neuen Verlagerungen
des Flußlaufes. Von solchen Überschwem
mungen und Rheineinbrüchen berichtet der
Chronist bis ins 12. Jahrhundert zurück.
Die Rheinnot brachte immer wieder Hun
gersnöte und Elend über unsere Bevölke
rung. Oft glaubten die Leute, eine zweite
Sintflut stehe bevor.
Auch das vergangene 19. Jahrhundert
brachte eine ganze Reihe verheerender
Rheineinbrüche. 1817 und 1839 waren denk
würdige Überschwemmungsjahre; im gan
zen Rheintale fanden Einbrüche statt, so
auch in Ruggell und Gamprin. 1846 brach
der Rhein oberhalb Vaduz in das Binnen
land ein und überschwemmte die ganze Tal
ebene bis nach Mauren. Das Jahr 1853
brachte Rheineinbrüche bei Triesen und
Schaan. 1855 fanden Überschwemmungen
oberhalb Vaduz und unterhalb Ruggell
statt. Das Jahr 1868 sah wohl das größte
Hochwasser des Jahrhunderts. Damals wur
de vor allem die Schweizerseite in Mitleiden
schaft gezogen. Bei uns erfolgte ein kleinerer
Einbruch bei Balzers. 1872 brach der Rhein
in Gamprin und 1888 oberhalb Vaduz ein.
Der heutigen Generation in schrecklicher
Erinnerung ist die Hochwasserkatastrophe
vom 25. September 1927. Der Einbruch er
folgte bei der Eisenbahnbrücke in Schaan.
Die in unsere Talebene einbrechende Hoch
wasserflut drang beidseits des Eschnerberges
bisTosters und Bangs vor. Der Überschwem
mung fielen 2 Menschenleben zum Opfer.
An Kulturen, Gebäuden und am Boden
wurden unermeßliche Schäden angerichtet.
Solche Verhältnisse zwangen die Bevölke
rung zur Abwehr. Bis um die Mitte des
19. Jahrhunderts wurden nur vereinzelte
Bauwerke erstellt und nur die gefährlichsten
Stellen verbaut. Jede Ortschaft kehrte an
fänglich zur Abwehr des Rheinstromes auf
eigene Faust das vor, was ihr am zweck
mäßigsten schien. Man suchte mit Streich-
wuhren und Wuhrköpfen dem Strom einen
bestimmten Lauf zu geben. Berüchtigt wa
ren die zur Strömung schräg gestellten Ufer
werke, die sogenannten Schupfwuhre, die
eine solche Länge und Stärke aufwiesen, daß
die Fluten auf die andere Talseite geworfen
wurden. Solche Bauwerke führten zu Streit
und sogar zu Tätlichkeiten zwischen der Be
völkerung der beiden Talseiten. In soge
nannten Wuhrbriefen versuchte die Obrig