LIECHTENSTEINISCHE BAUKUNST
Architekt Hans Rheinberger
Die Werke der Baukunst, der zuverlässigste
Wertmesser für die Gesamtkultur einer Zeit
und eines Volkes, sind Zeugen, die noch nach
Jahrhunderten über deren geistige Haltung
sprechen. Obwohl Liechtenstein keinen lan
deseigenen Baustil besaß — dafür war unser
Land von jeher zu klein —, hatte die frü
here Zeit trotz der Mannigfaltigkeit der
Bauweise ein einheitliches Gesicht, geboren
aus Tradition und handwerklichem Können.
Leider sind uns, durch Zerstörungen des in
früheren Jahrhunderten unser Land immer
wieder durchziehenden Kriegsvolkes, die
häufigen Großbrände bei Föhn und die
Witterungseinflüsse auf die vorherrschenden
Holzbauten, nur wenige Zeugen jener Zeit
geblieben.
Betrachten wir vorerst die Burgen Vaduz und
Gutenberg. Eher gewachsen als erbaut, sind
sie unsere ältesten Vorbilder früherer Bau
kunst, in kraftvoller Sprache das Lebens
gefühl des mittelalterlichen Burgadels be
kundend und bestes Beispiel für Verbunden
heit von Natur (Fels) und Bau.
Wo Burgen sind, sind auch Dörfer und so
einfach das Leben sich in diesen Dörfern ab
spielte, so einfach waren auch ihre Wohn
stätten. Naturgegeben war die Bevölkerung
Liechtensteins vorwiegend auf die Land
wirtschaft angewiesen, weshalb wir nicht die
prunkvollen Bauten der reichen Bürger
städte vorfinden. Der einfache alemannische
Holzbau, erst in „Ständerbauweise“ und
später im „Kreuzstrick“, wie wir ihn noch
häufig im schweizerischen Rheintal und in
Vorarlberg antreffen, war vorherrschend.
Ein seltenes Beispiel, wo diese beiden Holz
konstruktionen an einem Bau vereinigt
waren, fand sich in dem leider vor mehreren
Jahren abgerissenen „Allgäuer Haus“ in
Eschen.
Das fast einheitliche Schema das Grund
risses finden wir nicht nur beim einfachen
Wohnbau des ganzen Landes, es setzte sich
auch bei größeren Steinbauten wie den Hö
fen „Gamander“ und „Meierhof" und dem
„roten Haus“ durch. Eine wesentliche Diffe
renzierung in der Bauweise ergibt sich in