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brettartig die Felder zu Füßen ausgebreitet
liegen und tief unten die Grenzlinie unseres
Ländchens wie auf einer Karte quer durch
das Maurer Ried zu verfolgen ist.
Was auch immer die Zukunft an lärmenden
Überraschungen bereit halten mag, diese
stille, harmonische Schönheit des Schellen
bergs soll sie nie durdi Fabrikanlagen, Auto
straßen und Riesenhotels zerstören.
Wo das Ellhorn des Landes südlichsten Win
kel begrenzt und die Mittagsspitze wald
bedeckt die Schweizerberge grüßt, wo Tal
und Berg zusammenrücken und dem Wan
derer nur noch schmalen Durchpaß zur Lu-
ziensteig gewähren, kündet auf steilem,
weinumranktem Hügel die trutzige Feste
Gutenberg von ehemaliger Bedeutung der
Fahrrinne des Rheins im Westen und des
Marschweges im Osten. Hier stellten sich die
Heere und hier fielen die Entscheidungen.
Rund um den Burgfelsen scheint noch Pul
verdampf zu schweben, und krause Wölk
chen sehen eher brennenden Dächern des
Dorfes als der Weite des Himmels entstiegen
zu sein. Unwillkürlich sucht das Auge den
Wächter am Auslug, jeden Augenblick er
wartet das Ohr den warnenden Hornstoß.
Eine Reiterschar, plötzlich dem knarrend
geöffneten Tor entsprungen, in Harnisch
und Helm, mit fliegendem Fähnlein, würde
den Betrachter kaum in Erstaunen verset
zen. So sehr atmet der Ort noch Geschichte.
Wenn auch heute der Burgfried verträumt
über friedliche Freie seine Wache hält und
Efeu allmählich die Schießscharten über
wuchert, nichts kann dem wehrhaften Werk
den trotzigen Anblick nehmen. Freilich hat
kundige Hand und kunstverständiger Sinn
die Burg von Wunden geheilt, die ihr die
Jahre schlugen. Einmal noch fand die ro
mantische alte Zeit Gnade um ihrer selbst
willen vor der berechnenden neuen.
Beschaulich und friedlich gibt sich die Land
schaft dem emsigen Werken sparsamer Hän
de hin. In seiner genügsamen Art führt der
Bauer den Pflug, und in geduldiger Zuver
sicht schwingt er im Weinberg den Karst.
Sein Brot ist ihm auch hier mit des Himmels
Wohlwollen gesichert, und die geschwellten
Trauben läßt der Föhn zu köstlichem Trün
ke reifen. Hier drückt der Föhn oft von den
Bergen. Eine wohlige Wärme verbreitet
sein erster Hauch. Glasklar ist dann die Luft
und greifbar nahe sind die Berge. Gebannt
hält die Natur den Atem an, die Bäume
wagen sich kaum zu regen und die Vögel
schweigen gespannt. Wohltuend ist die wir
kende Wärme und erfreulich die reifende
Ruhe. Und dennoch kündet sie stets Gefahr.
Wie ein brüllendes Untier mit feurigheißem
Atem vermag der Föhn zu toben. Kein Baum,
kein Haus ist ganz sicher. Seine wildeste Lau
ne knickt starke Stämme, und sein größter
Zorn reißt die Dächer von den Häusern.
Wer sich erdreistet zu sagen, er habe zu
beten verlernt, der lege die Bücher zur Seite,
die Pläne und all die Gelehrsamkeit, er wer
fe von sich den Alltag und wandre in unsere
Berge. Auf schmalem Steg über Schluchten
und Bäche vorbei an Felsen und Blöcken. Er
atme die Luft der Berge, den Hauch der Na
tur, den Duft der Brunellen, den Geruch der
Erde. Sein Ohr lausche dem Tosen des Berg
baches, den Herdenglocken, dem Schrei der
Dohlen. Der Murmeltiere possierliches Trei
ben, der Gemsen verwegenen Sprung, des