Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein im Wandel der Zeit und im Zeichen seiner Souveränität

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Geld, oder vielmehr der Mangel an Geld in 
der gräflichen Kasse derer von Hohenems. 
Es ist also zu verfolgen, wie aus der hohen- 
emsischen wirtschaftlichen Krise heraus sich 
eine politische Zwangslage entwickelte, wel 
che die Ereignisse zum Höhepunkt des Herr 
schaftswechsels trieb. 
Gegensätzlichkeit stellt eines der vorzüglich 
sten Merkmale des hohenemsischen Ge 
schlechtes dar. Politischer Ruhm stach von 
der wirtschaftlichen Brüchigkeit der Grafen 
familie herb ab. Seit dem 13. Jahrhundert 
stieg der Stern des gräflichen Hauses. Im 
16. Jahrhundert war sein Ruhm gefestigt. 
Sittich I. von Ems galt als tollkühner Krie 
ger: In der Poebene zeichnete er sich zu An 
fang des 16. Jahrhunderts in einer Reihe 
von Schlachten aus; er erschlug vor Pavia 
1525 in einem antik anmutenden Zwei 
kampf den Obersten der französischen 
schwarzen Schar; als in Süddeutschland 
Bauernunruhen ausbrachen, war er Anführer 
der obrigkeitlichen Truppen. Sein Sohn 
Wolf Dietrich heiratete eine Schwester Papst 
Pius IV. Der jüngere Sohn aus dieser Ehe, 
Jakob Hannibal, war päpstlicher Gesandter 
in Madrid, kämpfte gegen die Mauren, 
wurde Gubernator des Kirchenstaates, ver 
ehelichte sich mit der Schwester des heiligen 
Karl Borromäus und führte in spanischen 
Diensten 45 000 Söldner nach Luxemburg. Er 
wurde mit der Grafschaft Gallarate belehnt. 
Schon beim ersten Zusammentreffen zu An 
fang des 17. Jahrhunderts gerieten die Herr 
schaft Schellenberg und die Grafschaft Va 
duz wegen Geldfragen mit der neuen Herr 
schaft in Konflikt. Der Konflikt steigerte sich 
bei der steten wirtschaftlichen Schwächung 
der Grafen gegen Ende des 17. Jahrhun 
derts. Die Bündner Wirren und andere krie 
gerische Ereignisse vermehrten das Elend, so 
daß der „armen Leute Überdrang gar groß“ 
war. Charakterliche Schwäche der letzten 
Hohenemser verschlimmerte die Lage. Die 
Kondottiere- und Brigantenlaunen des jun 
gen Grafen Ferdinand Karl brachen die 
Geduld des Volkes. Es wurde beim Kaiser 
Leopold vorstellig. Doch der Mechanismus 
der Reichsverfassung war hart angeschlagen, 
so daß jede Beschwerde an den Kaiser zur 
Geduldprobe für den Bittsteller wurde. 
Nach 2 Jahren kam der kaiserliche Ent 
scheid, der die Landschaften in ihren Rechten 
schützte. Es wurde eine kaiserliche Kommis 
sion eingesetzt (1684 bis 1688). Ein neuer 
Vertrag im Jahre 1688, der die Pflichten des 
Grafen und die Volksrechte umriß, konnte 
den Verlauf der Ereignisse nicht mehr auf 
halten. Die wirtschaftliche Krise war ein 
Symptom biologischer Zerrüttung. Das Ge 
schlecht derer von Hohenems ging unter. Es 
erlosch im Mannesstamm nach einem kurzen 
abermaligen Aufschwung im Jahre 1759. 
Nun bleibt die Frage zu beantworten: Wie 
konnten sich die beiden Landschaften vom 
untergehenden Grafengeschlecht lösen, ohne 
in einem größeren staatlichen Verband un 
terzugehen. Die Jahre des Herrschaftswech 
sels wurden zu Angeln, in denen Geschick 
und Geschichte des Landes noch heute ruhen. 
Aus den wirtschaftlichen Schwierigkeiten er 
wuchsen dem hohenemsischen Haus zu Ende 
des 16. Jahrhunderts die politischen. Jede 
wirtschaftliche Entscheidung wurde zum 
Politikum. Der Graf als Obrigkeit und 
Schuldner seiner Untertanen wurde zur pa
	        

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