DER ÜBERGANG DER LANDSCHAFTEN AN DIE
FÜRSTEN VON LIECHTENSTEIN
Dr. Georg Malin
Liechtenstein ist als Staat, was es ist, weit
gehend durch die Fürsten von Liechtenstein.
Im Fürstengeschlecht ruht zu einem Teil die
anfängliche Staatlichkeit (der Fürst war
Träger der Souveränität) zum andern Teil
im Land und im Volk. Die Entwicklung zur
Eigenstaatlichkeit verlief in Etappen; es
sind gleichsam Wachstumsringe erkennbar.
Der entscheidende Schritt stellt der Über
gang der Landschaften an das Fürstenge
schlecht von Liechtenstein dar: er ermög
lichte die Geschehnisse von 1806. Taten und
Ereignisse haben zeitliche und räumliche
Fernwirkungen: „Die Veränderungen im
geschichtlichen Leben setzen etwas voraus,
woraus sie sich ergeben.“ (Hegel)
Der geschichtliche Verlauf ist aber nicht der
art, daß Land und Volk in Passivität die
fürstlichen Verfügungen hingenommen hät
ten, sondern das Ineinanderspielen beider
zeitigte das Ergebnis. Dabei muß im
18. Jahrhundert dem fürstlichen Anteil an
der eigentlichen Staatsbildung größeres Ge
wicht eingeräumt werden. Der Vorrang
obrigkeitlichen Willens bei der Staatsbil
dung war, der damaligen Staatsauffassung
entsprechend, unbestritten. Die Maßstäbe
eines demokratisch-parlamentarischen Staa
tes können an diese Epoche nicht angelegt
werden. Der obrigkeitliche Wille war Wille
des Staates. Der Wille zum Staat trat unter
der Herrschaft der Fürsten von Liechten
stein wie unter keinem ehedem in Liechten
stein regierenden Geschlecht zielbewußt auf:
Auf kleinstem Gebiet setzte ein staatlicher
Wille an und hob eine Anzahl eigenwilliger
Bauern in die Allgemeinheit des Staates. Die
Entwicklung ging Schritt für Schritt: Graf
schaft, Reichsherrschaft, Reichsfürstentum,
souveränes Fürstentum.
Damit ist eine Entwicklung aufgerissen. Sie
richtete sich in Fügungen, Abenteuern und
Schicksalen von Gemeinschaften und Gene
rationen ein. Alltägliche Ereignisse wurden
dadurch Bausteine des Staates.
Was gab den Anstoß zum Wechsel der Herr
schaft der Grafen von Hohenems zu den
Fürsten von Liechtenstein? Zweifellos das
