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Erde aufgedrückt hatte; die Erhabenheiten
in diesem Siegel waren die Berge, die Ver
tiefungen die Täler, die Höhen waren Hei
matlosigkeit und erhabene Wildnis. Die Tä
ler waren Heimat, Kammer, Schoß. Und ich
sah, wie von der Rätikonbasis, von unsrer ge
meinsamen Grenze, zwei Gebirgsarme nach
Norden sich erstreckten. Und wie zwischen
diesen zwei Längsketten drei Querketten
zwei Täler aussparten. All dieses aber sah
ich zwischen diesen beiden Armen als einen
Arm voll Erde, die gerade darum, weil sie
nicht Gold enthielt, mir Goldes wert schien.
... Und weiter sah ich, wie das Gebirge, wie
besonders die Dreischwesternkettc sich zum
großen Tale stuft, als sei hier eine Treppe
gebaut vom Tal zum Berg und vom Berg
zum Tal. Und ich gedachte der goldgrünen
Wiesenkatarakte Triesenbergs und all der
schönen Schultern im Westhang mit ihren
wohltönenden Namen: Silum, Masescha,
Gaflei, Gafadura ...
Und als ich mir vergegenwärtigte, daß ich
am äußersten Westrand der Ostalpen stehe,
drunten aber im Fläschner und Eschnerberg
die westalpinen Bildungen der Säntisdecke
die Verbindung zwischen Ost- und West
alpen herstellen, da erkannte ich die Brük-
kennatur Liechtensteins: die geologische
Brücke, die geographische Brücke, aber auch
die biologische, die Blumenbrücke zwischen
West und Ost. Denn was in der mittleren
Schweiz an östlichen Pflanzen blüht, blüht
auch hier und ist über diese Berge und durch
diese Täler gewandert, ohne die Rhein
brücken benützen zu müssen.
Und dann dachte ich an das Liechtensteiner
Volk, das auch eine Brücke zwischen Ost
und West ist, an alle diese liebenswürdigen
Menschen, die sich fast alle kennen, da das
Land so klein ist. Schön ist es, sich zu kennen
und zueinander zu kommen und nicht durch
Ferne und Größe kalt zu werden... Und
dann erschien vor meinem inneren Auge der
Fürst dieses Landes, der sich unten hält,
weshalb er oben steht. Und wiederum hörte
ich eine bekannte Stimme sagen: ,Ob man
ein kleines oder großes Land empfangen
habe, ob man auch eines der geringsten sei,
man kann des Himmels Gnade doch vergel
ten.* Und ich lernte: Es kommt bei einem
Lande nicht auf die Größe, nicht auf das
Alter, nicht einmal auf die Natur, sondern
allein auf die Menschen an. Das war Liech
tenstein, der liebenswürdige Kleinstaat im
Herzen Europas, der inmitten einer chao
tischen Gegenwart selber einem ruhig schla
genden und zuversichtlichen Herzen gleicht."
Bei Brentano, Jean Paul, Dumas und Goe
the ist das Land nicht in seinem eigentlichen
Wesen dargestellt, sondern nur Anlaß zu
subjektiv dichterischer Gestaltung. Bei Lem-
nius und bei Kolbenheyer taucht es in einer
historischen Dichtung episodisch auf. Gilm
und Hesse geben wirkliche, wenn auch noch
reichlich subjektiv gefärbte Reiseeindrücke.
Schwab, Heer und Gulbransson suchen das
Land in seiner wirklichen Wesenheit zu er
fassen. Hermann Hiltbrunner ist dies wohl
am eindrüdklichsten gelungen.
Weitere Berufene und Unberufene werden,
von der Eigenart und Schönheit unserer
Heimat angeregt, noch zur Feder greifen,
und j eder wird nach seiner Art dem Geschau
ten Ausdruck verleihen. Tragen wir dazu
bei, daß sie nur Gutes sagen können!