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Ebene: ihm gehörte das Tal. Schon früher
war das Wasser ein wesentlicher Faktor un
serer Landschaft: der Riedboden ist alter
Seeboden. Eine der ältesten Karten von
Liechtenstein, nämlich diejenige von Kollef-
fel 1756, zeigt uns neben anderen interes
santen Einzelheiten auch, daß im Tostner
Ried noch der „Egelsee“ existierte, der als
letzter Zeuge des Bodensee-Rheinsees dem
Verlandungsprozeß zum Opfer fiel. Diese
Karte zeigt uns auch anschaulich den Lauf
des Rheinstromes: nicht ein Lauf, sondern
ein Netz von Armen und Nebenarmen er
streckte sich über die Ebene. Der Rhein pen
delte also je nach Wasserführung und Ge
schiebestand durchs Tal und seine Neben
arme reichten hart an die heute besiedelten
Gebiete.
Das zweite Formelement, das Hochgebirge,
wurde ebenfalls durch die Wirkung des Was
sers, durch die Erosion, geformt und stark
umgebildet. An den steilen Talhängen bil
deten sich tiefe, steile Wasserläufe, die bei
starkem Schlagwetter mächtige Schuttmassen
zu Tal förderten: die Rüfen. Unten im Tale,
am Fuße der steilen, siedlungsfeindlichen
Wald- und Felsenhänge, formten sich riesige
Schuttkegel. Sie krochen immer weiter in die
Rheinebene hinaus und eigneten sich später
vorzüglich als Siedlungsstätten, boten sie
doch durch ihre erhöhte Lage Schutz vor dem
ständig drohenden Rhein.
Das dritte und urgeschichtlich aufschluß
reichste Landschaftselement sind die Insel
berge der Rheinebene: der Kegel von Guten
berg als der südlichste und der quer zur Tal
richtung wie eine mächtige Scholle hingela
gerte Eschnerberg als der größte der vielen
Inselberge des Bodensee-Rheintales. Diese
Erhebungen waren frühestes Siedlungsland,
von dem wir sichere und reichhaltige Boden
urkunden haben.
2. Der Heimatboden birgt Geheimnisse
vergangener Jahrtausende
Der Archäologe, der durch geduldige Spa
tenforschung Licht ins Dunkel früherer Jahr
tausende zu bringen sucht, trägt in minutiö
ser Kleinarbeit alle Bodenfunde zusammen,
ordnet sie mosaikartig und gewinnt auf diese
Weise ein Bild früherer Völker und Kultu
ren. Die Ausgrabetätigkeit des Historischen
Vereins für das Fürstentum Liechtenstein
zeitigte dank der selbstlosen, wissenschaft
lichen Arbeit verschiedener Idealisten Ergeb
nisse, auf die wir stolz sein können. Wir
dürfen ruhig behaupten, daß die Erforschung
der Urgeschichte unseres Landes nicht nur
für unser engeres Gebiet, sondern für den
ganzen Alpenraum von großer Bedeutung
ist. Seit ungefähr 20 Jahren gilt die Aus
grabetätigkeit vor allem den prähistorischen
Siedlungsstellen auf dem Eschnerberg. Die
wichtigsten Plätze, der Borscht, der Malan-
ser, das Lutzengüetli und der Schneller, sind
höchstgelegene Punkte des Eschnerberges.
Diese und andere Grabungen erbrachten den
Nachweis der Besiedlung des Landes seit der
jungsteinzeitlichen Epoche, der sogenannten
„Rössener Kultur“. Unser Land ist also seit
zirka 3000 v. Chr. besiedelt. Die Höhen des
Eschnerberges waren sicher Mittelpunkt der
prähistorischen Siedlungen in weitem Um
kreis. Infolge ihrer exponierten Lage konn