1.3 Wo stehen wir heute in der Finanzplanung?
Der radikale Einschnitt in der Entwicklung der Finanzplanung zu Beginn dieses
Jahrzehntes wirkt auch heute, rund drei Jahre später, immer noch nach. Die
Finanzplanung ist aber keineswegs tot. Sie wird von vielen Banken nach wie vor
gelebt, nur nicht mehr so plakativ wie noch vor wenigen Jahren.
Auch heute noch bieten sehr viele Banken in der Schweiz die klassische
Finanzplanung an. Gerade schweizer Kantonalbanken, wie beispielsweise die
Züricher oder Zuger Kantonalbank oder auch die Raiffeisen Banken, betreiben die
klassische Finanzplanung nach wie vor sehr erfolgreich.
Verschiedene andere Banken, darunter vor allem Grossbanken, gehen jedoch mehr
und mehr dazu über, Finanzplanung nicht mehr als eigenständige Disziplin zu
vermarkten, sondern die kundenspezifischen Beratungskonzepte mit Finanzplanungs-
Inhalten zu füllen. Aus Gründen der Rentabilität werden hier im Retailbereich nur
noch selten Finanzplanungsspezialisten eingesetzt. Aspekte der Finanzplanung, sofern
vorhanden, werden ausschliesslich durch den Retailberater transportiert. Die
Spezialisten sind den Private Banking-Kunden vorbehalten. Aber auch in diesem
Segment ist die eigentliche Finanzplanung als Planungswerkzeug von eher
untergeordneter Bedeutung. Im Vordergrund stehen auch in diesem Segment
themenorientierte Beratungen, welche vom Kunden auf Grund eines aktuellen
Problems initiiert werden.
1.4 Aktuelle Systemunterstützung
Die in der Finanzplanung eingesetzten Systeme decken heute vor allem die Bereiche
Datenerfassung, Analyse und Planung sowie die Ergebnispräsentation ab. Bei der
Datenerfassung geht es um die möglichst genaue Erfassung der Ist-Situtation des
Kunden (inklusive der bereits feststehenden zukünftigen Ereignisse). Auf Grund
dieser Daten kann eine erste Prognoserechnung erstellt werden, mit deren Hilfe die
zukünftige Liquiditäts- und Vermögensentwicklung simuliert werden kann. In der
Analyse- und Planungsphase geht es anschliessend darum, über geeignete
Massnahmen eine Optimierung der gesamten Vermögenssituation im Hinblick auf die
mit dem Kunden definierten kurz-, mittel- und langfristigen Ziele zu erreichen. In
einem letzten Schritt werden dem Kunden die Ergebnisse der Planung in einer
möglichst übersichtlichen und verständlichen Form präsentiert. Die hier
beschriebenen Funktionen werden durch die heute auf dem Markt erhältlichen
Software-Lösungen in aller Regel sehr gut abgedeckt.
Die vorgelagerten Prozesse wie Akquisition und Auftragsvergabe sowie
nachgelagerte Prozesse wie Umsetzung, Überwachung und Aktualisierung werden
systemmässig aber noch wenig unterstützt. Dies zeigt auch eine Studie, welche das
Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit
der Short Consulting AG in Deutschland und der Schweiz im Sommer 2004
durchgeführt hat. Insgesamt wurden in einer Online-Befragung über 100 Experten aus
Banken und Versicherungen sowie unabhängige Finanzberater in Deutschland und
der Schweiz befragt. Der Rücklauf betrug über 50 Prozent (n = 52).
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