Auf die Erziehung der Kinder wurde bereits in der Hausordnung besonderer Wert gelegt. Die
Gründe für die Aufnahme der Kinder in der Anstalt waren verschieden. Manche kamen mit den
Eltern, welche krankheitsbedingt oder aus sonstigen Gründen, wie z.B. der Ermangelung einer
Wohnung, in die Anstalt ziehen mussten und fanden vorübergehend im Armenhaus Obdach.
Manche waren auch in der Anstalt aufgezogen worden, fanden dort schließlich Arbeit als
Knecht und zahlten damit ihre Kostgeldschuld ab.>*! Ebenfalls wurden Kinder „zur Erziehung
“532 oder kamen zur Verpflegung. ®* Andere hingegen wurden auf Antrag des
übergeben
Vorstehers ihrer Familie entnommen, da sie „unter schlechter Obhut und Pflege stehen“.°** Z.B.
wurde einem Vater nicht nur die Aufsichtspflicht über seine Kinder entzogen, er wurde zudem
noch unter Kuratel gestellt, welches dieser fünf Jahre später aufgehoben wünschte, doch da
„derselbe zuviel in betrunkenem Zustande gesehen wird“, wurde dieses Gesuch ablehnend
beantwortet. In diesem Fall kamen die Kinder aufgrund der Initiative der Gemeinde in die
Anstalt. Ein weiteres Beispiel sind diesbezüglich zwei Knaben die vom Landweibel nach
Schaan gebracht wurden. Deren Mutter wollte sich dies aber nicht gefallen lassen weshalb sie
vor demselben Haus erschien. Diese „wollte tüchtig anfangen aufzubegehren, worauf
Schwester Fabiana ihr die Thüre wies. Sie aber war wie wüthend, und wir mussten von Glück
reden, daß im selben Moment unsere Mannspersonen, vom Felde kommend, gleich beistunden.
J. Q. faßte sie gleich bei einem Flügel und führte sie ein Stück weit, wobei sie ihm mit einem
Stein ein Loch schlug in den Kopf, daß er stark bluthete, doch leicht heilbar sein wird. Hierauf
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kam der Armenvater, aber es war schon Alles verflogen, die Bettlerin ging ihre Wege [...].
Daraufhin wurde beantragt, dass man die Mutter züchtigen solle, damit „ähnlichen Auftritte“
31 GAS Gemeinderatsprotokoll 8. April 1896.
32 GAS Hauptbuch B238/70: Blieb fiir 275 Tage 1888-1889. Ein Beispiel zeigt den Versuch die cigene
Armenanstalt als Erzichungsanstalt zu verwenden, doch kam es nicht dazu: Dieser Junge hatte davor bei zwei
verschiedenen Lehrstellen nicht überzeugen können und wurde entlassen, weil er sich „schlecht aufgeführt“ hatte.
Von einer Unterbringung in einer Besserungsanstalt wurde abgesehen, dafür aber sollte er nun „zu weiterer
Beobachtung und Erziehung einstweilen ins Bürgerheim übernommen“ werden. Doch kam es nicht dazu, er wurde
in eine Erziehungsanstalt nach Oberuzwil gebracht, die Kosten trug die Gemeinde. GAS Gemeinderatsprotokoll
11. September 1938: GAS Gemeinderatsprotokoll: 19. März 1932, 3. Oktober 1934, 30. Januar 1936, 10. April
1937, 2. Mai 1937, 27. März 1938, 3. Juli 1938, 22. August 1938, 11. September 1938, 9. Oktober 1938, 29.
Oktober 1938, 15. April 1939, 14. Jänner 1940, 25. September 1940.
53 GAS Gemeinderatsprotokoll 20. Dezember 1941, 7. März 1942, 16. Mai 1942. Zuvor wollte man die Kinder
dieser Familie an „Private zur Erziehung“ geben, doch fand die Gemeinde, dass „ sie im Bürgerheim ebenso gut
aufgehoben“ seien. Zumal noch die Grossmutter der Kinder ebenfalls im Bürgerheim untergebracht war. GAS
Gemeinderatsprotokoll 6. Dezember 1941, 20. Dezember 1941. Die Mutter der Kinder wurde zur Versorgung zum
guten Hirten nach Altstätten gebracht. GAS Gemeinderatsprotokoll 14. Januar 1944.
54 GAS Gemeinderatsprotokoll 18. März 1879.
55 GAS Gemeinderatsprotokoll 2. Juni 1884.
36 LI LA RE 1874/437: K. K. — Ablicferung in das Schaaner Armenhaus. Schreiben an Landesverweser zur
Nachricht 25. April 1874.
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