ihm reicht. Man hat nicht das Herz, um die Armen menschenwürdig zu halten.“?”” Gmelch
ersuchte weiters um eine Revision der Armengesetzgebung, sprich der Verordnung von 1845,
da in den Gemeinden nicht alles nach dem Gesetze ginge. Dass die Gemeinden „nicht ernstlich
gesonnen seien, den Armen Hilfe zu gewähren, daß man sich durch Gemeindearmenhäuser nur
möglich billig der Sache entziehen wolle“, widersprach der Abgeordnete Kind, welcher sich
für die Ortsarmenhäuser aussprach, vehement. Diesbezüglich äußerte sich nun auch der
Regierungs-Kommissar: „Ich kenne keine Verordnung, welche den Gemeinden verbietet ihre
Armen zu versorgen, im Gegentheil es besteht das Gesetz v. J. 1845, welche es den Gemeinden
zur Pflicht macht, die Armen zu unterstützen. Wie kommt es nun, daß die Gemeinden bisher
gar nichts in dieser Sache thaten[?] [...] Woher kommen die Klagen, daß all die Armen von
Gemeinde wegen so schlecht behandelt werden? Warum hat man nicht längst das
unmenschliche Verpachten der Ortsarmen an den Wenigstnehmenden abgeschafft?“ ?®0 In
diesem Sinne sah der Regierungskommissar wenig „Hoffnung auf eine ausreichende Hilfe
durch die Gemeinden“, äußerte sich aber auch nicht dagegen. Der Abgeordnete Schlegel
bestand diesbezüglich darauf, dass mit der Errichtung von Ortsarmenhäusern eben diese
Mißstände behoben werden sollten. Neben der Kostenfrage und dem Willen oder Unwillen,
den Hilflosen Unterstützungen zukommen zu lassen, wurde die Einschätzung vorgebracht, dass
die Menschen „um keinen Preis ihre Heimatsgemeinde, ihr Vaterhaus verlassen wollen, sie
leiden eher Noth als sich hinaus zu wagen.“?®! Dagegen sprach sich der Abgeordnete Gmelch
aus, welcher ein Beispiel einer Bündner Gemeinde vorbrachte. In dieser hatte man ein
Ortsarmenhaus errichtet, doch stand es nach drei Jahren leer, da sich die Armen vor
Schamgefühl weigerten in diese Anstalt zu gehen. Bei der in dieser Sitzung erfolgten
Abstimmung wurde gegen die Errichtung von Gemeindearmenhäusern sowie gegen die
Errichtung eines landschaftlichen Spitals gestimmt. Somit änderte sich diesbezüglich nichts.
Ebenfalls entschieden wurde, dass die „Armenversorgung die ausschließliche Pflicht der
Gemeinden“? blieb.
Das Armengesetz aus dem Jahr 1869 festigte dies und beließ in diesem Sinne die Durchführung
der Armenfürsorge bei den Gemeinden, die Aufsicht über diese jedoch bei der Regierung. Doch
279 Landesverhandlungen, sechster Landtag. II. Sitzung, Vaduz, 8. Mai 1867. Liechtensteiner Landeszeitung vom
11. Mai 1867. S.2.
280 Landesverhandlungen, sechster Landtag. II. Sitzung, Vaduz, 8. Mai 1867. Liechtensteiner Landeszeitung vom
11. Mai 1867. S. 2.
281 1 andesverhandlungen, sechster Landtag. II. Sitzung, Vaduz, 8. Mai 1867. Liechtensteiner Landeszeitung vom
11. Mai 1867. S. 3.
282 LTP 1867; zitiert nach: www .e-archiv.li/D43816; zuletzt aufgerufen am 19.02.2016
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