Ungewöhnliches, dass in extremen Unglücksjahren und Zeiten der Not!“” zahlreiche Arme „auf
den Aeckern wie Vieh Gras assen, oder ihre Mägen mit Kräutern ganz verderbten“.!°® In den
Jahren 1805 und 1806 war die Situation besonders bedrückend und so sah sich der Landvogt
genötigt als Gegenmaßnahme gegen den drohenden Hungertod in Triesen und Balzers zur
„Verteilung von importierten Feldfrüchten“ überzugehen.!°® Bei Missernten führte außerdem
die Kombination aus Bevölkerungswachstum und Realteilung zu Ernährungsproblemen. !!°
Doch auch in Jahren, in denen die Witterung ‚normale‘ Verhältnisse aufwies, machte die Natur
der Bevölkerung zu schaffen. So hält Helbert in seiner Chronik für das ‚Normaljahr‘ 1796 fest:
„[...] haben die Ingrich'!! und Ungeziefer mehr als den halben Teil der Früchte, Türken!!* und
Heu gefressen, sodass hierzulande viele mit Gütern anzutreffen sind, die kein Viertel Türken
im Haus haben, und doch müssen sie täglich Kriegskosten, -fuhren und dergleichen
ausstehen.“!'*
Verheerungen und Plünderungen wie zum Beispiel im Schwabenkrieg 1499, dem
Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) und den Koalitionskriegen (1792-1809) trugen ihr Weiteres
zur Not bei, die, wie Helbert für das Kriegsjahr 1800 festhält „[...] nicht zu beschreiben
[ist].“!!* Tut er dies dennoch, wirkt dies folgendermaßen: „Das Militär nahm uns den unreifen
Türken, Trauben, Grundbirnen!!” und Obst, alles hinweg. [...] Fürchterlich sieht es aus an den
Landstrassen. Alles ist hin. Die Schuhe und Kleider vom Leib nahmen sie den Leuten.“!!°
Der durch die Kriegswirren allein verursachte Sachschaden im kleinen Fürstentum summierte
sich innerhalb der Jahre 1794-1892 „auf ca. eine Million Gulden.“!!” Neben Plünderungen,
zerstörten Häusern und „unerwünschten Einquartierungen“, konnte der Krieg unter anderem
„zum Verlust des Ernährers“ führen. Die in Kriegszeiten verursachte allgemeine Teuerung
sowie konjunkturelle Schwankungen oder Teuerungen, die durch Missernten im gesamten
mitteleuropäischen Raum zustande kamen, machten es der Bevölkerung schwer. In Bayern
stieg 1817 der Getreidepreis um ein Fünffaches, während er in Liechtenstein um das Achtfache
107 Größere Hungersnöte. Drastische Witterungsverläufe: 1627, 1770, 1805, 1816. Veits-Falk, Weiß, Armselig
sicht es aus, 216.
108 Zitiert nach Veits-Falk, Weiß, Armselig sieht es aus, 216.
109 Veits-Falk, Weiß, Armselig sieht es aus, 217.
10 Weiß, Armut, 31.
11 Engerlinge.
112 Türken“ ist ein in vielen Gegenden verwendeter Ausdruck für „Mais“.
13 Helbert, Chronik, 222.
U4 Helbert, Chronik, 246. Veits-Falk, Weif3, Armselig sieht es aus, 220. Weif3, Armut, 31.
15 Kartoffeln.
16 Helbert, Chronik, 245.
U7 Veits-Falk, Weif3, Armselig sieht es aus, 219.
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