Volltext: Das liechtensteinische Erbrecht im Vergleich mit dem österreichischen Erbrecht unter besonderer Berücksichtigung der historischen Rechtsentwicklung des ABGB

4.4. Das Pflegevermächtnis 
In den 88 677 f 6ABGB wurde durch das ErbRÄG das Pflegevermächtnis neu eingeführt. Ziel 
dieser Bestimmung ist die Beseitigung des Missstandes, dass die aufopfernden und 
umfangreichen Leistungen naher Angehöriger nicht beachtet werden. Die Pflegeleistungen 
werden oft aufgrund einer Beistandspflicht oder aus moralischen Gründen erbracht und zu 
Lebzeiten nicht finanziell abgegolten.?^? 
Die betroffenen Pflegepersonen haben zwar die Móglichkeiten, dies mittels Bereicherungsan- 
sprüchen gem 8 61435 ABGB geltend zu machen, oft ist die Geltendmachung nach 
Bereicherungsrecht aber mit Unsicherheiten verbunden und nicht immer tragfáhig, weswegen 
eine Lösung im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens zu bevorzugen ist.?? Zu beachten ist 
jedoch, dass der Bereicherungsanspruch umfassender als das Pflegevermächtnis ist. Es 
besteht die Wahlfreiheit zwischen den beiden Ansprüchen.?^ 
Die Anspruchsvoraussetzungen 
S 677 Abs 1: ,Einer dem Verstorbenen nahe stehenden Person, die diesen in den letzten drei Jahren 
vor seinem Tod mindestens sechs Monate in nicht bloß geringfügigem Ausmaß gepflegt hat, gebührt 
dafür ein gesetzliches Vermächtnis, soweit nicht eine Zuwendung gewährt oder ein Entgelt vereinbart 
wurde.“ 
Das Pflegevermächtnis kann von einer Person geltend gemacht werden, welche den Verstor- 
benen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod mindestens über einen Zeitraum von sechs 
Monaten gepflegt hat. 
Anspruchsberechtigt sind nahestehende Angehörige des Verstorbenen, also deren Ehegatte, 
eingetragene Partner oder Lebensgefährte und deren Kinder sowie der Lebensgefährte des 
Verstorbenen und deren Kinder.?^ Nicht umfasst ist hier die Pflege durch Fremde. 
Eine weitere Voraussetzung ist die Pflegeleistung in nicht bloß geringfügigem Ausmaß. 
Darunter versteht der Gesetzgeber einen Pflegeaufwand von durchschnittlich 20 Stunden im 
Monat. 246 
Das Vermáchtnis kann bei Vorliegen eines Enterbungsgrundes entzogen werden.?^ 
  
242 ErlRV 688 BIgNR 25. GP 16. 
243 Eccher, 143. 
244 ErlRV 688 BIgNR 25. GP 16. 
25 8 677 Abs 3 ABGB. 
246 ErlRV 688 BIgNR 25. GP 17. 
247 § 678 Abs 2 ABGB. 
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