Foundation Governance bei privatnützigen und gemeinnützigen Stiftungen
Im Zusammenhang mit privatnützigen Stiftungen?" wird das Aufsichtsgericht gem. Art. 552 8 35 iVm
$ 29 Abs. 3 PGR auf Antrag eines Stiftungsbeteiligten tätig. Bei beaufsichtigten Süftungen werden
Aufsichtsverfahren über Antrag der Stiftungsaufsichtsbehorde nach Art. 552 § 29 Abs. 3 PGR bzw. auf
Antrag eines Stiftungsbeteiligten nach Art. 552 $ 29 Abs. 4 PGR eröffnet. Darüber hinaus können Auf-
sichtsverfahren in dringenden Fällen auch über Mitteilung der Staatsanwaltschaft, der Stiftungsauf-
sichtsbehörde oder von Amts wegen eröffnet werden.
Die Palette der Aufsichtsmittel ist umfangreich und findet im Katalog des Art. 552 $ 29 Abs. 3 PGR nur
eine demonstrative Aufzählung.?® So können bspw. bestimmte Beschlüsse des Stiftungsrates aufgeho-
ben oder Sonderprüfungen angeordnet werden. Die Abberufung des Stiftungsrates fällt in die Kategorie
der repressiven Massnahmen, die im weitesten Sinne bewirken sollen, dass die Organe der Stiftung alles
in ihrer Macht stehende tun, um den Stiftungszweck mit einem verhältnismässigen Einsatz an Mitteln
zu erfüllen.?!* Abberufungsgründe müssen aber jedenfalls soweit ausgeprägt und gediehen sein, dass sie
als „wichtiger Grund“ anzusehen sind, der die Belange der Stiftung gefährdet oder ihr die Beibehaltung
der aufrechten Bestellung des Organmitglieds unzumutbar macht. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist
immer unter dem Gesichtspunkt des Funktionierens der Stiftung zu sehen und ob die Verfolgung des
Stiftungszwecks in Zukunft mit ausreichender Sicherheit gewährleistet ist. Eine zur Abberufung eines
Stiftungsrates führende Verfehlung muss daher eine erhebliche Gravität aufwersen.?!*
Der Richter hat in der Regel bei privatnützigen Stiftungen dieselben Anordnungs- und Gestaltungsmög-
lichkeiten wie bei beaufsichtigten Stiftungen, jedoch hat die Stiftungsaufsichtsbehörde hier weder An-
tragslegitimation noch Parteistellung.?!® Initiiert ein Stiftungsbeteiligter ein Verfahren nach Art. 552
$ 35 PGR, so hat der Richter unbekannte Begünstigte im Aufgebotsverfahren zu ermitteln 2"
Das Aufsichtsgericht ist an die von einem Stiftungsbeteiligten beantragte Massnahme nicht gebunden.
Es kann die ihm notwendig erscheinenden und unter Berücksichtigung des Verháltnismássigkeitsgrund-
satzes angezeigten Anordnungen treffen.?!® Das Gencht kann Auskünfte von der Stiftung, von Verwal-
tungsbehórden und von Gerichten einholen sowie Einsicht in die Bücher und Schriften der Stiftung
nehmen. Schliesslich kann es die gebotenen Anordnungen treffen.
212 Sofern diese nicht freiwillig der Aufsicht unterstellt sind.
213 OGH 07.10.2011, 05 HG.2011.28.
214 Schurr, Verantwortlichkeit und Abberufung des Stiftungsrats — Privatrechtliche und steuerrechtliche Fragen im Zusam-
menhang mit der Unternehmenstrágerstiftung, LJZ 2012, 166 ff.
215 LES 2010, 219.
216 BuA 13/2008, 117; Gasser, Liechtensteinisches Stiftungsrecht 346 f.
217 Art. 552 8 35 Abs. 2 PGR.
218 OGH 07.10.2011, 05 HG.2011.28.
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