Zuschauer und hohe Professionalität aus. Dieses Spannungsfeld zwischen Publikumsnähe und
künstlerischem Anspruch fasziniert mich persönlich sehr, denn jedes Publikum reagiert anders
und damit auch jede Vorstellung. Jede Region und jedes Theater ist somit durch spezifische
Eigenheiten charakterisiert. In dieser Arbeit möchte ich mich deshalb auf die Entwicklung und
Bedeutung der Kleinkunst in Liechtenstein fokussieren. Anhand der wichtigsten
Theaterstrukturen soll zuerst die Theatergeschichte dieses kleinen Landes skizziert werden. In
einem zweiten Schritt wird untersucht, wie und ob in der Bevölkerung und im Publikum
Liechtensteins Kleinkunst als Bühnenform wahrgenommen wird. Weil die Theatergeschichte
Liechtensteins noch nicht wissenschaftlich aufgearbeitet ist, kann in dieser Arbeit weder eine
umfassende Analyse der beiden Teile durchgeführt werden noch wird das Ergebnis über alle
Zweifel erhabene Aussagen liefern können. Vielmehr soll hier ein „Abtasten“ der
Theaterlandschaft Liechtensteins erfolgen.
Trotz des grossen Fundus' an Materialien zum Theaterschaffen in Liechtenstein — darunter
zahlreiche Presseartikel, dafür aber nur wenige Dokumente —, stellt das Erlangen von wirklich
nützlichen Informationen zu den einzelnen Künstlerformationen und Theaterinstitutionen eine
nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Abgesehen von sehr kurzen Einträgen in
allgemeinen Geschichtsbüchern, gibt es nur einen fundierten Aufsatz von Jürgen Schremser
zum Volkstheater in Liechtenstein’. Dabei ist meistens vom Vereinstheater in den
verschiedenen Dórfern die Rede, das ein wichtiger Bestandteil der liechtensteinischen Kultur
ist.
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in Liechtenstein eine besondere Art von
Gefälligkeits-Journalismus vorherrscht; die vorhandenen Presseartikel können deshalb nicht
die einzige Grundlage für diese Untersuchung sein.‘ Um diese Oberflächlichkeit im
Journalismus zu umgehen, werden hier Experteninterviews mit vier Zeitzeugen beigezogen,
die verschiedene Zugänge zum Theater haben und mit dem vergangenen und heutigen
Kulturleben in Liechtenstein vertraut sind. Mit deren Hilfe soll das vergängliche Wissen
aufgefangen und die Hintergründe von bestimmten Ereignissen genauer beleuchtet werden.
Es sei hier jedoch vorweggenommen, dass die Schilderungen der befragten Person subjektive
Betrachtungen sind und nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Ausserdem war
3 Schremser, Jürgen: Was wird hier gespielt? Zwei Exkurse zum „Volkstheater“ in Liechtenstein. In: Halter,
Ernst; Luginbühl, Buschi und Scagnet, Ernst (Hg.): Volkstheater in der Schweiz und im Fürstentum
Liechtenstein. Zürich 2000, S. 209-216.
4 Vgl Transkript zum Interview mit Karin Jenny vom 26.03.2015. - Wenn man bedenkt, dass die Journalisten
vor allem seit der Digitalisierung stets unter Zeit- und Zeichendruck stehen, kann eine „ehrliche“ und
kritische Auseinandersetzung kaum erwartet werden.