Die erste Männerabstimmung über die Einführung des Frauenstimmrechts fand in Liechtenstein vom
26. und 28. Februar 1971 statt und wurde bei einer Stimmbeteiligung von 85,86% mit 51,09% zu
48,91% abgelehnt, d.h. mit 1897 zu 1816 Stimmen. Nach Bekanntwerden des negativen
Wahlausgangs machte sich erstmals die junge Frauenbewegung bemerkbar. Vor dem
Regierungsgebäude machten sich zwölf Frauen mit Parolen Luft, zogen durch die Strassen und in
Wirtshäuser. Es war dies die erste Frauendemonstration in der Geschichte Liechtensteins. Eine
weitere, diesmal bewilligte, Demonstration, ,,Dank-Protest- und Trauermarsch^, erfolgte durch
Schülerinnen und Schüler des Liechtensteinischen Gymnasiums am 5. März 1971 und wurde durch z.
T. vermummte Passanten tätlich angegriffen.
Um den allein stimmberechtigten Männern ein Ja” zum Frauenwahlrecht zu erleichtern wurde 1984
durch den Landtag sogar ein Frauen benachteiligendes Gesetz beschlossen, wonach per 2. Juli 1984
ausländische Frauen bei Heirat nicht mehr automatisch die Liechtensteinische Staatsbürgerschaft
erhalten sollten, sondern erst nach Ablauf einer zwölfjährigen Karenzfrist, wobei ein ordentlicher
Wohnsitz im Lande verlangt wird, was den gleichzeitigen Verzicht auf den bisherigen Wohnsitz
bedeutet, wobei die Ehejahre doppelt zählen, mindestens jedoch eine dreijährige aufrechte Ehe mit
einem liechtensteinischen Landesbürger und der Verzicht auf die bisherige Staatsbürgerschaft
verlangt wird. Die Einbürgerung gelte jedoch nicht für eine Frau, die „Anlass zur Befürchtung gibt,
dass sie eine Gefahr für die óffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bildet." was durch seine
Formulierung wohl eine Einmaligkeit darstellt! Durch dieses Gesetz wurde explizit das Ziel verfolgt,
die ,Überzahl der stimmberechtigten Frauen gegenüber der Zahl der stimmberechtigten Münner*
abzubauen.
1971 wurde die „Arbeitsgruppe für die Frau? gegründet, die als Hauptanliegen die Verwirklichung
der politischen Rechte hatte und Beiträge zu verschiedenen Themen leistete. Auch schenkten sie der
Liechtensteinischen Landesbibliothek 1985 erste feministische Literatur. Von dieser Arbeitsgruppe
ging der Anstoss zur zweiten Frauenstimmrechtsabstimmung am 9. und 11. Februar 1973 aus.
Bei einer Stimmbeteiligung von 86,01% wurde das Frauenstimmrecht mit einem deutlichen Mehr von
55,9% zu 44,1%, abgelehnt, d.h. mit 2126 zu 1675 Stimmen. Die Differenz zwischen Ja- und Nein-
Stimmen waren von 81 auf 451 gestiegen. 1971 waren es um 4,46% mehr Nein- als Ja-Stimmen und
1973 waren es um 26,93% mehr Nein- als Ja-Stimmen. Auf einen Demonstrationszug wurde
verzichtet.
Wie in der Schweiz ging man auch in Liechtenstein schrittweise vor. Am 7. Juli 1976 schuf der
Landtag die gesetzlichen Voraussetzungen zur Einführung des Frauenstimmrechtes auf
Gemeindeebene. Die erste der zwölf Gemeinden, die das Frauenstimmrecht einführte, war am 17. und
19. September 1976 der Hauptort Vaduz. Die letzten drei Gemeinden, Balzers, Triesen und
Triesenberg, führten das Frauenstimmrecht erst am 20. April 1986 ein.
Im Mai 1981 wurde auf Initiative der liechtensteinischen Künstlerin Regina Marxer und der
Psychologin Barbara Rheinberger die „Aktion Dornröschen“ gegründet. Frauen sollten aus ihrem
Dornröschenschlaf von selbst erwachen und das Frauenstimmrecht erkämpfen.
Wie im Jahre 1920, als in Basel eine Broschüre von Pauline Müller „Warum wünschen wir Frauen
das Stimmrecht?*, an alle Haushalte versandt wurde - es war dies die erste Propagandaschrift in der
deutschsprachigen Schweiz zum Thema - so erschien 61 Jahre später, mit denselben Argumenten, die
erste und einzig gebliebene Aufklärungsschrift zum Frauenstimmrecht in Liechtenstein mit dem Titel
„Frauenstimmrecht_wofür?““, mit Illustrationen der Künstlerin Regina Marxer. Auffallend auch hier
das Hauptargument: „Das Frauenstimmrecht ist ein Menschenrecht!*
1982 wurde die Frauen-Union der VU gegründet, die sich innerhalb und ausserhalb der Partei für die
adäquate politische Beteiligung der Frau (vergeblich) einsetzte/einsetzt. Parallel hierzu wurden, mit
derselben Zielsetzung, die ,Frauen in der FBP" und die „Kommission für Frauenfragen“, FBP,
gegründet. Im selben Jahr kam es neben der erwühnten Verfassungsklage mit dem negativen Bescheid