nicht recken durfte. Ich musste fliehen und es musste wohl alles so kommen.
Mein Geschick hat sich meiner bemächtigt und sich erfüllt und hat mich
fortgezogen, dem Ruhme entgegen, aber auch fort von der Heimat.
Und ich bin hinausgewandert in aller Herren Länder, und mein Leid zog mit mir
und hat sich in den langen Jahren meiner Wanderungen auf fremder Erde, auf
fremden Burgen und an fremden Fürstenhöfen zum Lied gestaltet.
O, du, Roswitha, du warst es ja, der ich entflohen bin! Als ich meine flammende
Sehnsucht nach dir zu loderndem Brande aufschiessen fühlte, da klagte ich
deinem Vater mein Unheil und teilte ihm meinen Entschluss mit, die Burg
ungesäumt zu verlassen. Denn ich, der heimatlose, mittellose Ritter - ich kann ja
kein Frauenschicksal an das meine ketten, weiss ich doch heute nicht, wovon ich
morgen essen werde.
Es war eine stürmische Winternacht, als ich heimlich, nur mit Wissen und Willen
des Vogtes, der mir das Tor óffnete, die Burg wie ein Flüchtling verliess.
Von der Luziensteig? her wirbelte dichtes Schneegestóber, das meine heisse Stirn
kühlte und die Tránen auf meinen Wangen zu Eis erstarren liess. Da war es, dass
sich mir zum ersten Mal ein Liedchen aus der Seele lóste:
,Auf weiter Flur der Schnee
Im Herzen ein brennendes Weh
In den Lüften der Dohlen Geschrei
Mein Frühling ist lange vorbei."
Du, Roswitha, wandeltest mit mir, Tag für Tag, Mond auf Mond, Jahr auf Jahr.
Damals - die Pflicht - die zwang mich zur Flucht. Und jetzt - zwang sie mich zur
Rückkehr. Ich hórte mein Gutenberg sei in Gefahr und ich musste hereilen, mit
ihm zu stehen und zu fallen. Wie schón wáre das - hier den Heldentod zu sterben,
hier, wo ich sein muss und lebend nicht sein darf.
Mein letzter Lebensodem sei: Roswitha...
,Nur noch eine kleine Stunde
Móchte ich hàngen dir am Munde,
Móchte von deinen Rosenlippen
Seligkeit und Frieden nippen,
Glück in heissen Zügen trinken,
In dem Wonnerausch versinken,
Froh um deine Liebe werben
- Und dann sterben ..."
Roswitha:
- hervortretend, in heftigem Seelenkampf
Wirnt - hier ist deine Roswitha!
- will ihm nacheilen, bleibt entsetzt stehen, schreit auf:
O Gott - und mein Schwur!!
- sinkt zu Boden
Wirnt:
- erschrocken
Roswitha?! Du hier? Du hast gelauscht?
Roswitha: Ich weiss alles!
? St. Luzisteig-Pass