schung als eigener Forschungszweig — lässt die Schlussfolgerung zu, dass das liechtenstei-
nische Bildungswesen globale Entwicklungsschritte der Schulforschung antizipierte und mit
einigen Reformen auch eine Vorreiterrolle einnehmen konnte — wie beispielsweise mit dem
Projekt SBSE!® ‚ der Einführung der Notenfreiheit in der Primarschule.!9?
In der entfernteren Betrachtung der einzelnen Meilensteine (Kap. 5.), lässt sich vom Bil-
dungsbericht des Leonhard Vogt (Vogt 1970) bis zum Konzept von SPES 1 (BuA 2008'7%)
ein magischer Bogen der Stringenz ausmachen. Die einzelnen Reformschritte scheinen
durchdacht und curricular auf einander abgestimmt. Dies bekráftigt die Schlussfolgerung,
dass die Reformentwicklung des liechtensteinischen Schulwesens stark vom Paradigma des
,Guided Chance" (Rosenmund, 2011) geprágt ist. Nur das knappe Plebiszit gegen das den
Bogen am anderen Ende spannende Reformvorhaben SPES 1 dürfte die Linearitát der
Guidance etwas aus der Spur gebracht haben. Dem nun 2011 in gesetzliche Grundlagen
gegossenen ,Reformtorso" — dazu gehóren insbesondere die neue Schulleitung und andere
mit SPES 1 theoretisch plausibilisierte Schulentwicklungsinstrumente (Schulprofil, Leitbild,
Schulprogramm, etc) — fehlt es daher aktuell (noch?) an entsprechender Rekontextualitát
(Fend 2008). Bemerkenswert bei der Betrachtung der Zeittafel ist, dass insbesondere die
vorgestellten Meilensteine 4, 5 und 6!"' in enger Abfolge entwickelt wurden — was die Meta-
pher vom ,goldenen Zeitalter der Schulentwicklung" (Bueler et al. 2005, S.15) nur wieder
illustriert.
Die Theorienáhe zur Schulentwicklungsforschung lásst sich besonders gut aus Aufbau und
Darstellung des vorgestellten Leitfaden für die Qualitátssicherung und —entwicklung im liech-
tensteinischen Schulwesen (siehe Kapitel 5.6.) erkennen, dessen Entwicklung allerdings
erstmals () ohne die traditionelle Beteiligung der Lehrerinnen und Lehrer vorgenommen
wurde. Der hohe Partizipationsgrad und das niederschwellige Verháltnis zwischen Schulbe-
hórde (Makroebene) und den einzelnen unterrichtenden Lehrpersonen (Mikroebene) stellt
aber bereits aus der historischen Betrachtung (z.B. Kap. 4.3.2) ein liechtensteinisches Spezi-
fikum dar. Die in der historischen Aufarbeitung der Schulgeschichte dargestellte liechtenstei-
nische Tradition der ,Kurzen Wege", des ,Bottom-up"-kompatiblen Milizsystems und der bis
an die Jahrtausendwende stark gepflegte breite partizipative Ansatz der Schul- und Schul-
systementwicklung (z.B. , Schule wohin?", Kap. 5.3) weicht heute mit relativ hohem Tempo
einem neuen Führungsansatz. Evident ist jedenfalls, dass die Funktion der Schulleitung ei-
168 Das Projekt ,SBSE - Schülerbeurteilung und Schulentwicklung" (notenfreie Beurteilung in der Pri-
marschule) lóste, wie beschrieben, Diskussionen und Vorbehalte innerhalb der EDK aus.
169 Ein weiteres Beispiel ist die Abschaffung der Hilfsschule und die gleichzeitige Einrichtung des ,Er-
gánzungsunterrichts" als integratives Modell der schulischen Heilpädagogik. In der Aufzählung der
„Meilensteine“ der liechtensteinischen Schulreformentwicklung wurde dieser Bereich und die ge-
setzliche Implementierung der „Besonderen Schulischen Massnahmen“ (siehe Onlineverzeichnis
48) sträflich vernachlässigt.
170 SPES 1 = „Schulprofilentwicklung in der Sekundarstufe 1“ (Onlineverzeichnis 42).
171 SBSE, Lehrplan, Leitfaden QS+E
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