4.5.8 Spannungsfeld Besoldung: transparente Regelung via Verordnung
Haben die Bestimmungen über den Lohn 1859 noch im Schulgesetz selbst Platz, so gesteht
das Schulgesetz von 1929 diesem Thema bereits eine eigene Verordnung zu. Wenngleich
auf diese hier nicht im Detail eingegangen werden kann, lässt sich damit doch die Vermu-
tung erhärten, dass eine eigene Lohnverordnung Klarheit, Transparenz und Standards für
die Besoldung der Lehrpersonen schafft — und damit Lehrerinnen und Lehrer vor lokaler
Willkür in der lohnwirksamen Leistungsbeurteilung schützt.° Es sei in dem Zusammenhang
kritisch bemerkt werden, dass die heutigen Lohnbestimmungen wieder deutlich mehr Spiel-
raum für „individuelle Lösungen“ zu bieten scheinen’? und sich die Transparenz wieder ver-
liert.
4.5.9 Spannungsfeld Öffentlichkeit und Prestige: Dienstpflicht und Privatleben
Zu den ausdrücklich bestimmten Dienstpflichten ausserhalb des Kerngeschäftes Unterrichts-
führung gehörten sehr konkrete, wie die Aufsichtspflicht im Schulgottesdienst, aber auch
weitgefasste, schon in den Privatbereich der Familien eindringende Dienstpflichten, wie ,
Aufsicht zu führen über die Jugend im Allgemeinen und über die ihr anvertraute Jugend im
Besonderen“, oder durch ,Wort und würdevolles Beispiel die Erziehung und Charakterbil-
dung der Jugend in- und ausserhalb der Schule zu fórdern" (Art.113).
Gut móglich, dass derlei Bestimmungen zum Klischee vom Lehrer als Teil der Dorfobrigkeit —
neben Bürgermeister und Pfarrer — ihren Beitrag geleistet haben, war doch ,jede Lehrperson
verpflichtet, (...) ihren Wohnsitz im Schulorte zu wáhlen" und musste eine , Abwesenheit von
mehr als einer Woche (...) dem Gemeindeschulrat zur Kenntnis" gebracht werden — dies
wohlgemerkt ,... auch wáhrend der schulfreien Zeit " (Art. 114).
Dass der lange Arm der Schulbehórde tief ins Privatleben der Lehrpersonen greifen konnte
zeigt sich auch daran, dass Disziplinarstrafen (Art.127 ff) bis zur ,Entlassung aus dem
Schuldienste" auch für das ,pflichtwidrige Verhalten (...) ausserhalb der Schule" zur Anwen-
dung kommen konnten.
Das Schulgesetz von 1929 prágte die liechtensteinische Schule und den Lehrberuf bis in die
bewegten 60er- und 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts.
100 1938 wurde schliesslich ein eigenes , Gesetz betreffend das Dienstverháltnis und die Besoldung..."
geschaffen (LGBI 1938/6). (Onlineverzeichnis 19)
101 siehe Besoldungsgesetz, LGBI 1991/6, geltende Fassung (Onlineverzeichnis 64)
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