4.1 „GEBURTSSTUNDE(N)“
Die erste gesetzliche Grundlage für das liechtensteinische Bildungswesen kam mit ganzen
sieben (!) Artikeln aus...
Der in Liechtenstein prominente Historiker, Künstler und Politiker, Dr. Georg Malin, bezeich-
net in einer Abhandlung über die Schulgeschichte Liechtensteins einen Erlass der fürstlichen
Hofkanzlei zu Wien vom 18. September 1805 als „für die ganze spätere Entwicklung des
Schulwesens entscheidend“; man könne dieses Datum als „die Geburtsstunde der Liechten-
steinischen Schule betrachten" (Malin 1953, S.8399).
4.1.1 Hofkanzleiverordnung 1805
Von der Hofkanzlei zu Wien wird verordnet, dass:
1. In jeder Gemeinde ein tauglich und fáhiger Lehrer aufgestellet werde,
2. daf die Aufnahm desselben so wie die Absezung, welche ohne erhebliche Ursache niemals zu ge-
statten seyn wird, nicht der Willkühr der Ortsvorgesetzten überlassen, sondern mit Einstimmung
des Ortspfarrherren und der Landesobrigkeit geschehen solle,
3. daß die Winterschule von Martini bis Georgi dauern müsse,
4. daf$ jede Gemeinde in Zeit vier Wochen sich über ihren gegenwártigen Schulfond und wie sie den-
selben so vermehren kónne, daf3 der Lehrer gut besoldet, und in Hinkunft auch die Sommerschule
an Sonn- und Feyertagen gehalten werden kann, auszuweisen habe,
5. dafs in jeder Gemeinde ein geráumig, hell und gesundes Schulhaus erbauet werde,
6. daf$ die Eltern ihre Kinder nach dem 6ten Jahre ihres Alters bis nach vollendeten dreyzehnten in die
Schule schücken müssen; und
7. daf$ sobald móglich ein ausführlicher Schulplan entworfen werden solle, wie die Schul in Aufnahm
gebracht, die Aufsicht, Zucht, Lehrart, und was dahin einschlágt, erzielet werden kónne (....)"
Quelle: (Onlineverzeichnis 9)
Dieser Erlass steht auch am Beginn der Eigenstaatlichkeit des Fürstentums. Mit dem Unter-
gang des Heiligen Rómischen Reiches Deutscher Nation wurde Liechtenstein 1806 als sou-
veráner Staat in den unter der Schutzherrschaft Napoleons stehenden Rheinbund aufge-
nommen (Merlin 1979, S.113).
8$ zitiert bei Martin 1984, S.39
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