ausländischen Zeitschriften wird Liechtenstein gerne als Operettenstädtchen mit
Kuhglocken und Souvenirkitsch dargestellt, in dem die Leute von Briefmarken leben und
keine Steuern zu bezahlen brauchen. Die Wirklichkeit sieht anders aus.““”
Aber auch der liechtensteinische Organisationsleiter der Weltausstellung 1958 ging von
diesen ausländischen Fehlvorstellungen bzw. Klischees aus:
„Trotz dieser Tatsache [u.a. weltweite Verbreitung von Industrieprodukten,
Briefmarken, touristische Werbung] wird Liechtenstein im Ausland sehr oft in
erschreckendem Maße verkannt. Die verzerrten Darstellungen, welche Liechtenstein
als Paradies der Steuerfreiheit, das Land ohne Probleme, das antiquarische
Kuriosium, die Heimat des waffenlosen Friedens sehen, sind so überraschend häufig,
daß jeder Liechtensteiner, der sich im Ausland aufgehalten hat, immer wieder
solchen Vorstellungen begegnet. ^?
Als oberstes Ziel — und gewissermassen als nationale Strategie — der liechtensteinischen
Beteiligungen kann damit eine Vervollstándigung bzw. eine Korrektur des vorherrschenden
Liechtenstein-Bildes definiert werden.
So betonte der Organisationsleiter der Weltausstellung, dass die Expo in Brüssel „eine
ausgezeichnete und willkommene Gelegenheit“ biete, „unser Land so der Welt vorzustellen,
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wie wir es sehen und wie es tatsächlich ist“ und entsprechend „verworrene Illusionen über
unser Land zu zerstóren* ??!
Inwiefern von einer fest definierten Strategie bzw. einem klar festgelegten ,Wunschbild*
Liechtensteins im Ausland — wie Liechtenstein als ,,Land der künstlichen Zàáhne*, oder als
,band der Rechenmaschinen" — gesprochen werden kann, muss im Folgenden mit der
Betrachtung der einzelnen Ausstellungen noch näher untersucht werden. Als Grundlage
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kann jedoch die Prámisse verstanden werden, ein reales Bild Liechtensteins zu vermitteln.
Zugleich stellt sich jedoch auch die Frage, wer für die Konzeption und damit für die
Gestaltung der Ausstellungen zuständig war. Für alle hier näher untersuchten Beteiligungen
wurden zu diesem Zweck besondere Kommissionen gebildet:
Das Komitee für die Gestaltung der OLMA 1952 setzte sich aus je einem Vertreter der
Industriekammer, der Gewerbegenossenschaft und des Bauernvereins sowie aus zwei
Landwirtschaftsberatern, einem Forstmeister und einem Architekten zusammen, während
Regierungschef-Stellvertreter Ferdinand Nigg die Leitung innehatte.“
229 Frick, Die Landwirtschaft im Fürstentum Liechtenstein, in: Katholischer Schweizerbauer, Nr. 11, S. 13, in:
LLA, SgZs 1964; im Original neuer Abschnitt vor letztem zitierten Satz.
730 O.V.. Liechtensteins Teilnahme an der Weltausstellung in Brüssel 1958: Informationsabend am 2. Mai
1956, in: LVa, 05.05.1956, S. 1.
7 Ebd.
72 Ebd.
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