Abhängig von der Überlieferungssituation muss damit aus Fragmenten ein neues
Gesamtbild zusammengesetzt werden, wobei sich das „sinnliche Potenzial der Schau, etwa
die Aura der Dinge oder die Wirkung des Raums, [...] sich seiner Analyse weitgehend“
entzieht.” Hinzu kommt, dass „das Zusammenspiel von Text, Objekt und Raum sowie die
Bewegung des Besuchers [...] Gleichzeitigkeiten [schafft], die sich als Gesamteindruck
vermitteln und aus historischen Quellen kaum zu erschließen sind.“
Trotz diesen Schwierigkeiten stellt das Auffinden der fragmentarischen Spuren sowie deren
Deutung das Hauptthema der historischen Museums- bzw. Ausstellungsanalyse dar und ist
entsprechend auch für die vorliegende Arbeit von grosser Wichtigkeit.?'
Um die Ausstellungen zu analysieren, wird in dieser Arbeit vornehmlich eine vom
deutschen Kulturwissenschaftler Thomas Thiemeyer entwickelte Herangehensweise
eingesetzt: Dabei muss das Museum bzw. die Ausstellung als Quelle begriffen werden, um
mithilfe von quellenkritischen Methoden Anhaltspunkte zu gewinnen und so „die Politik
und Poetik/Asthetik des Museums bzw. der Ausstellung zu analysieren. Auch wenn sich
nicht alle Leitfragen der (schriftlichen) Quellenkritik direkt auf Ausstellungen übertragen
lassen, hat Thomas Thiemeyer einen umfassenden Fragenkatalog für die Analyse von
Museen und Ausstellungen zusammengestellt.?? Für die vorliegende Untersuchung sind
dabei vor allem Fragen betreffend Position bzw. Absichten der Autoren, bezüglich den
Adressaten und Zielen der Quellen, aber insbesondere auch Fragen nach der Form der
Quellen sowie deren formalen Aufbau zentral.
Der deutsche Historiker Martin Schlutow hat im Zusammenhang mit der Untersuchung von
Migrationsmuseen auf zwei Schwachstellen. (vornehmliche Reduktion auf Dauer-
ausstellungen und Mangel an theoretischer Präzision) von Thiemeyers Methodenentwurf
hingewiesen und aus diesem Grund dessen Ansatz mit weiteren methodischen Heran-
gehensweisen ergänzt.”°
Schlutow folgend wird auch in dieser Arbeit für die Analyse der Selbstinszenierungen der
von Thiemeyer entwickelte Methodenentwurf mit zwei zusätzlichen methodischen Ansätzen
?5 Ebd., S. 81.
?6 Beil, ausgestellter Krieg, S. 25.
?' Vgl. Thiemeyer, Museum als Quelle, S. 81.
?* Ebd,, S. 83f; obschon sich Thiemeyers Ansatz primür auf Museums-Ausstellungen bezieht, kann dieser
gewiss auch auf Ausstellungen wie die Weltausstellungen übertragen werden, vgl. hierzu die
Begriffsdefinitionen bei Thiemeyer, Museum als Quelle, S. 80.
°° Ebd., S. 84-89.
#0 Für Kritik an Thiemeyer vgl. Schlutow, Migrationsmuseum, S. 39f.; für weitere methodische
Herangehensweisen vgl. ebd., S. 40-44.