Volltext: Zukunft Steuerstandort Liechtenstein

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nurmehr nach dem steuerpflichtigen Erwerb. Da dieser aber den Sollertrag des steuerpflichtigen Vermögens beinhaltet, unter- 
liegen wie bisher Vermögen und Erwerb gemeinsam der Steuer. 
Die Steuerbelastung lässt sich zukünftig direkt aus dem Gesetz ablesen. Vorgesehen ist ein Fünf-Stufen-Tarif, bei dem jeweils 
der Grenzsteuersatz, also die Belastung eines zusätzlich erwirtschafteten Erwerbs oder eines zusätzlichen Vermögens, mit jeder 
Stufe ansteigt. Die Belastung des bisherigen Erwerbs bleibt unberührt, im Gegensatz zum alten System des Progressionszu- 
schlags sind daher keine Situationen denkbar, in denen ein zusätzlicher Erwerb mehr als vollständig durch die zusätzliche Steu- 
er aufgezehrt wird. Der Steuerpflichtige muss zur Ermittlung seiner Steuerlast zukünftig nur seinen steuerpflichtigen Erwerb 
(einschliesslich des Sollertrags seines steuerpflichtigen Vermögens) in die jeweilige Formel einsetzen und kann sofort die fällige 
Landessteuer ablesen, durch Addition des Gemeindezuschlags kann er seine Steuerbelastung sofort erkennen. Gleichzeitig 
kann er bei seinen Entscheidungen die Steuerbelastung eines zusätzlichen Erwerbs ebenfalls direkt erkennen: Die Zahl vor dem 
steuerpflichtigen Erwerb gibt an, wieviel Landessteuer auf einen zusätzlichen Erwerb fällig ist. 
Für Alleinstehende wird ein gesonderter Tarif vorgesehen, der den bisherigen Alleinerziehendenabzug ersetzt. Verheiratete wer- 
den zukünftig nach dem Splitting-Konzept besteuert. Zwar wird weiterhin am Konzept der Haushaltsbesteuerung festgehalten 
und eine Entlastung von Ehepaaren von den dadurch resultierenden negativen Folgen der Progression auf Tarifebene umgesetzt. 
Im Gegensatz zu den bisherigen Reformen ist jedoch erstmals ein offener Übergang zu einem echten Splitting vorgesehen. Ein 
derartiger Übergang wurde in den Vorarbeiten der Gesetzgebungsverfahren 1961 und 1990 zwar für verfassungsrechtlich zuläs- 
sig, aber nicht zwingend gehalten. Durch die gemeinsame Haushaltsführung hätten Ehepaare gewisse Einsparungen, die dazu 
führen, dass ein die Leistungsfähigkeit eines Ehepaares über der von zwei Einzelpersonen mit jeweils der Hälfte des Einkommens 
des Ehepaares liegt. Dies rechtfertige es auch, das Ehepaar entsprechend höher zu besteuern. Obergrenze der Belastung sei aber 
ein alleinstehender Steuerpflichtiger mit demselben Haushaltseinkommen wie das Ehepaar. 
Gleichwohl hat das bisherige System des Verheiratetenabzugs die Belastung faktisch einem Splittingverfahren angenähert. Die 
neue Tarifvorschrift setzt diese Wertungsentscheidung konsequent um und sieht erstmals ein echtes Splitting vor. 
Zu Art. 20 - Ausgleich der Kalten Progression 
Art. 20 ist gegenüber dem bisherigen Art. 55quinquies nur redaktionell angepasst worden. Wie bisher sind in regulären Abstän- 
den der Steuertarif sowie die Beträge der pauschalen Abzüge, Freibeträge und Freigrenzen an den Anstieg der Konsumenten- 
preise anzupassen, um die Kalte Progression abzumildern. 
Die nachfolgenden Art. 21 bis Art. 23 beinhalten Vorschriften zur Behandlung von Sachverhalten mit Auslandsbezug. Dies 
betrifft sowohl Inlánder mit auslándischem Vermógen bzw. Erwerb (Outbound-Sachverhalte) als auch Ausländer mit inländi- 
schem Vermógen bzw. Erwerb (Inbound-Sachverhalte). Ziel der Vorschriften ist es, den inländischen Besteuerungsanspruch 
durchzusetzen, ungerechtfertigte Vorteile aus Auslandsbeziehungen zu vermeiden, aber auch eine Gleichbehandlung der Steu- 
erpflichtigen sicherzustellen. 
Zu Art. 21 - Progressionsvorbehalt 
Durch Art. 21 wird sichergestellt, dass es durch den einseitigen Besteuerungsverzicht Liechtensteins bei bestimmten Auslands- 
sachverhalten nicht zu ungerechtfertigten Progressionsvorteilen kommt. Bei Steuerpflichtigen, deren Vermógen teilweise im 
Ausland belegen ist und deshalb im Inland steuerfrei ist bzw. die teilweise Erwerb im Ausland erwirtschaften, der im Inland 
steuerfrei ist, käme es ohne diese Vorschrift zu einem ungerechtfertigten Vorteil im Verhàáltnis zu Steuerpflichtigen, die ein an- 
sonsten gleiches Vermógen bzw. einen ansonsten gleichen Erwerb vollständig im Inland erzielen. Das ausländische Vermögen 
bzw. der auslàndische Erwerb ist auch dann bei der Progression, das heisst bei der Ermittlung des Steuersatzes, zu berücksich- 
tigen, wenn insoweit eine Steuerfreiheit im Inland vorgesehen ist. Damit wird sichergestellt, dass der inländische Erwerb nicht 
deshalb niedriger besteuert wird, weil ein Teil des Vermógens im Ausland belegen ist bzw. ein Teil des Erwerbs im Ausland 
erzielt wurde. 
Nach Art. 21 wird hierfür ein besonderer Steuersatz berechnet: Die Landessteuer, die sich bei unterstellter Steuerpflicht des ge- 
samten Vermógens und des gesamten Erwerbs ergeben würde, wird durch den gesamten fiktiven steuerpflichtigen Erwerb geteilt. 
Der sich ergebende Prozentsatz ist mit dem tatsächlich im Inland steuerpflichtigen Erwerb zu multiplizieren. Der resultierende 
Betrag ergibt dann die Landessteuer. Ob sich dabei durch eine tatsächlich niedrigere oder höhere Besteuerung im Ausland für den 
Steuerpflichtigen tatsächlich Vor- oder Nachteile ergeben, ist für die Berechnung der inländischen Steuer nicht von Belang. 
Durch Abs. 2 wird eine vergleichbare Berechnung auch für die Fälle vorgesehen, in denen eine Steuerpflicht nicht für das 
gesamte Jahr besteht. Es wird für die Berechnung des Steuersatzes unterstellt, dass der im Zeitraum der Steuerpflicht erwirt- 
schaftete Erwerb auch im Rest des Jahres gleichmässig zeitanteilig erwirtschaftet wird. Dadurch wird sichergestellt, dass für die 
kurzzeitige Steuerpflicht derselbe Steuersatz zur Anwendung kommt, wie bei einer unterstellten Steuerpflicht im gesamten Jahr. 
Dies ist insbesondere bei Personen, die nur für einen Teil des Jahres einen inländischen Erwerb erzielen, aus Gleichbehand- 
lungsgründen erforderlich. Aber auch bei anderweitiger zeitanteiliger Steuerpflicht, beispielsweise im Falle von Eheschliessung 
oder -scheidung führt Abs. 2 zu einer zutreffenden Berechnung des jeweiligen Steuersatzes. 
Für Fálle, in denen die Anwendung dieses Absatzes zu unbilligen Ergebnissen führen würde, ist die Steuerverwaltung gehalten, 
im Erlasswege abzuhelfen. Dies kann beispielsweise dann angezeigt sein, wenn ein beschrànkt Steuerpflichtiger Anfang des 
Jahres seinen Betrieb veräussert und seine Betätigung dadurch komplett einstellt. 
Zu Art. 22 - Vermeidung der Doppelbesteuerung 
Neben den Vermögens- und Erwerbsarten, die Liechtenstein unilateral freistellt, wenn sie im Ausland belegen bzw. erwirt- 
schaftet werden, kann es bei Outbound-Sachverhalten dazu kommen, dass das Ausland einen bestimmten Sachverhalt mit einer 
Steuer belegt, dieser Sachverhalt im Inland aber gleichwohl der Vermógens- bzw. Erwerbssteuer unterliegt. Hier stellt sich 
das Problem des Progressionsvorteils nicht, da die entsprechenden Vermógens- bzw. Erwerbsbestandteile ja Bestandteil der 
inlándischen Bemessungsgrundlage sind. Der Steuerpflichtige sieht sich aber mit einem drohenden doppelten Besteuerungsan- 
spruch konfrontiert. In Art. 22 wird dem Steuerpflichtigen für diese Fálle eine entsprechende Entlastung gewährt. Soweit durch
	        

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