dreimal flüchtig erreicht. Es wird nirgends eine Kadenz angedeutet. Wieder kommen
verschiedene Dominantformen vor. Auch hier sind in der Singstimme kurze Tonfolgen
aneinandergereiht, die mit ihren Intervallen das harmonische Gerüst markieren.
Zusammenfassend lassen sich folgende Gemeinsamkeiten feststellen: Es werden keine
schließenden Kadenzen gebildet, die Singstimme ist im harmonischen Aufbau integriert
und das Orchester ist im Gegenzug an der melodischen Entwicklung beteiligt.“ Stellt
sich an dieser Stelle nur die Frage, ob sich Rheinberger hier absichtlich an Wagner
orientiert. Dies wäre möglich, da auch andere Kompositionen Rheinbergers Spuren von
der Beschäftigung mit Wagner aufweisen.
Im Folgenden soll nun darauf eingegangen werden, inwiefern Rheinberger von seinem
Kompositionsstil abweicht, welchen er zuvor und danach gepflegt hat und was in dieser
Oper typisch für Rheinberger ist. Die Ouvertüre der Oper, von Rheinberger Vorspiel
genannt, macht den Zuhörer, wie üblich, mit den wichtigen Motiven der Oper vertraut.
Die erste Szene spielt im herzoglichen Wald. Wie für Jagdszenen üblich, erklingen auch
hier ein Jágerchor und verschiedenen jagdsignalartige Motive in den Bläsern.
Wie zuvor schon erláutert, geht die Rheinberger'sche Melodiebildung vom Stufengang
der Tonleiter, den Intervallen der Drei- und Vierklángen sowie von Vorhalts- und
Durchgangsdissonanzen aus. Ein Beispiel hierfür ist in den Takten 51 bis 55 der ersten
Szene des ersten Aktes zu finden:
(Abb. 1: Josef Rheinberger, Die Sieben Raben, in: Josef Gabriel Rheinberger, Sámtliche Werke, Bd.
11, S.53, T. 51-55.)
Ein Grofiteil der Melodiebildungen sind typisch für Rheinberger. Doch gibt es trotzdem
immer wieder Passagen in denen die Melodiebildung abweicht. In der dritten Szene des
*' Hanns Steger, Vor allem Klangschónheir, S. 202-206.
22