Mitunter zeigten sich auch in der Grundrechtsdogmatik des Staatsgerichtshofes Einflüsse
mehrerer Verfassungsgerichte: Die Rechtsprechung zum Gleichheitsgrundsatz beinhaltet
Elemente der Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes („Gleiches ist
gleich, Ungleiches ungleich zu behandeln“), des schweizerischen Bundesgerichts (u.a. „Er-
fordernis von ernsthaften sachlichen Gründen“) wie auch des deutschen Bundesverfassungs-
gerichts („Der Gleichheitsgrundatz ist unter anderem dann verletzt, wenn eine Gruppe von
Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl
keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche
Behandlung rechtfertigen kónnen*^).
In den Bezugnahmen auf die Rechtsprechung dieser Hóchst- bzw. Verfassungsgerichte wird
118 .
Zum Bei-
zuweilen aber auch eine von dieser Judikatur abweichende Meinung akzentuiert.
spiel wird in StGH 2011/197, Erw. 41. darauf hingewiesen, dass durch das Grundrecht auf
persönliche Freiheit gemäss Art. 32 Abs. 1 LV sowohl die kórperliche als auch psychische
Integrität der menschlichen Persönlichkeit und ihre elementaren Entfaltungsmóglichkeiten
geschützt werden, „dies im Einklang mit der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesge-
richts, jedoch entgegen derjenigen des deutschen Bundesverfassungsgerichts, welches die
persönliche Freiheit sehr weit im Sinne einer allgemeinen Handlungsfreiheit handhabt". 120
Ein anderes Beispiel bildet die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes zum Willkürverbot,
das zu einem allgemeinen, subsidiären und in der Verfassung nicht explizit verankerten, ihr
aber zugrunde liegenden Auffanggrundrecht erklärt wird. Hier hat sich die Rechtsprechung
des Staatsgerichtshofes teilweise vom schweizerischen Vorbild gelöst. !?!
Nicht selten finden sich in den Urteilen des Staatsgerichtshofes Bezugnahmen auf eine Mehr-
zahl von auslándischen Hóchst- oder Verfassungsgerichten. In seinem Urteil StGH 2009/202
n Vgl. Bussjáger, Beschwerde, S. 861; Hugo Vogt, Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der
Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes, LPS 44 (2008), S. 82 ff.
H8 In StGH 2010/63 verwies der Staatsgerichtshof auf das Erkenntnis des ósterreichischen VfGH den Ausschluss
von juristischen Personen von der Gewáhrung von Verfahrenshilfe als verfassungswidrig zu betrachten (VfSlg
19.522/2011) unterliess es aber, diese Rechtsprechung auch auf den bei ihm anhángigen Fall anzuwenden, in
dem es darum ging, ob einer juristischen Person eine Prozesskostensicherheit auferlegt werden konnte. Er hielt
fest, dass eine punktuelle Gleichbehandlung von juristischen und natürlichen Personen in Liechtenstein auch
durch verfassungskonforme Interpretation erzielt werden kónne (Erw. 4.4).
1? Ebenso StGH 2011/20, www .gerichtsentscheide.li, Erw. 2.1; StGH 2011/21, www.gerichtsentscheide.li, Erw.
2.1.
29 Ahnlich auch StGH 2011/11, www.gerichtsentscheide.li, Erw. 2.1 zur Rechtsprechung des deutschen Bun-
desverfassungsgerichts zum postmortalen Persónlichkeitsschutz, welche vom StGH nicht übernommen wird.
Siehe auch Bussjáger, Beschwerde, S. 860.
p Bussjáger, Beschwerde, S. 862.