In der Folge schuf der Gesetzgeber? eine neue Kautionsregelung, die grundsátzlich weiterhin
auf einen Wohnsitz der klagenden Partei in Liechtenstein abstellt, allerdings keine Verpflich-
tung zur Sicherheitsleistung vorsah, wenn u.a. die Prozesskostenentscheidung im Wohnsitz-
staat des Klägers bzw. Rechtsmittelwerbers vollstreckt werden kann. Diese Regelung wurde
gemáss Art. 34 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwa-
chungsbehórde und eines Gerichtshofes von einem Gericht dem EFTA-Gerichtshof zur Prü-
fung vorgelegt.
In seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2010, E-5/ 10%, erachtete der EFT A-Gerichtshof
die neuen liechtensteinischen Bestimmungen betreffend Sicherheitsleistung fiir Prozesskosten
gemäss den $$ 57 ff. ZPO als grundsätzlich mit dem EWR-Recht vereinbar. Er führte insbe-
sondere aus, dass eine nationale verfahrensrechtliche Vorschrift, nach der gebietsfremde Klä-
ger in Zivilrechtsstreitigkeiten Prozesskostensicherheiten erlegen müssen, während gebietsan-
sässige Kläger dazu nicht verpflichtet sind, aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfer-
tigt sei, wenn dies sowohl erforderlich als auch verhältnismässig sei. Es sei Sache des nationa-
len Gerichtes, im Einzelfall festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der
Diskriminierung gegeben seien.
In der Folge hat der Staatsgerichtshof unter Hinweis auf die Entscheidung des EFTA-
Gerichtshofes E-5/10 die neuen ZPO-Bestimmungen betreffend Sicherheitsleistungen für
Prozesskosten und insbesondere auch $ 57 ZPO als EWR-rechtskonform betrachtet. 100
Damit vertreten der EFTA-Gerichtshof und der Staatsgerichtshof nunmehr konforme Rechts-
auffassungen.
7. Wird die Rechtsprechung der Europüischen Gerichtshófe als Folge der Berücksichti-
gung durch das Verfassungsgericht auch von anderen nationalen Gerichten in deren
Rechtsprechung berücksichtigt?
° LGBl. 2009 Nr. 206.
2 LES 2010, S. 5 mit Kommentar von Manfred Walser; siehe hierzu auch Philipp Lennert/Daniel Heilmann, Die
Auslegung der aktorischen Kaution im Lichte des Allgemeinen Europäischen Diskriminierungsverbotes in Art. 4
des Abkommens zum Europäischen Wirtschaftsraum: Besprechung Urteil des EFTA-Gerichtshofes vom 17.
Dezember 2010, Rechtssache E-5/10, LJZ 2011, S. 25 — 28; Christian Kohler, Liechtenstein, cautio iudicatum
solvi und Lugano-Übereinkommen: No End of a Lesson?, Jus & News 2/2011, S. 153 ff.
100 StGH 2010/20, www.gerichtsentscheide.li, Erw. 2.3.1 f.; vgl. auch Wilhelm Ungerank, Entsprechen die nun-
mehrigen Bestimmungen der ZPO betreffend die Sicherheitsleistung für Prozesskosten dem EWR-Recht?, LJZ
2010, S. 32 ff. In der Entscheidung zu StGH 2010/63, Erw. 3.1 f., hat der Staatsgerichtshof zudem die Kautions-
regelung betreffend juristische Personen gemáss $ 57a ZPO ebenfalls gestützt auf die erwähnte Entscheidung
des EFTA-Gerichtshofes als EWR-rechtskonform qualifiziert.