Masterarbeit Beat Vogt
Landesbibliotheken literarische Nachlässe sammeln sollen. Herkenhoff (2009, S. 47-48) bestätigt,
dass das Sammeln und Erschliessen von Nachlássen in Deutschland in den letzten Jahrzehnten an Be-
deutung gewonnen hat: „In vielen Handschriftenabteilungen deutscher Bibliotheken nimmt - wie in
der Universitáts- und Landesbibliothek Bonn - die Nachlassverwaltung inzwischen eine zentrale Rolle
ein, wáhrend die Erschliessung und Verwaltung der bisherigen Bestandesschwerpunkte, vor allem der
Handschriften und der Inkunabeln, eher in den Hintergrund gerückt ist". Herkenhoff (2009, S. 49)
sieht die Nützlichkeit und Sinnhaftigkeit von Profilen und Strategien in Bezug auf die Erwerbung von
Nachlässen; dennoch mahnt er, diese 1n ihrer Bedeutung nicht zu überschátzen. Der Erblasser bzw.
seine Erben entscheiden, welcher Sammelstátte und unter welchen Bedingungen ein Nachlass anver-
traut oder ob die Hinterlassenschaft in den Handel gegeben wird.
Striedl (1970, S. 7) erwähnt einige Probleme bei den grossen Nachlassbestánden der Bayerischen
Staatsbibliothek, die in der über 400-ährigen Geschichte wiederholt wechselnde und uneinheitliche
Behandlung erfuhren. Kussmaul (1999, S. VII) betont, dass es bei der Nachlass-Sammlung des Deut-
schen Literaturarchivs Marbach nicht um Vollständigkeit des Sammelns geht, wohl aber doch um eine
sehr umfassende Archivierung unikaler Zeugnisse (Manuskripte, Briefe, Lebensdokumente und Sam-
melstücke) aus dem gesamten Bereich der Literatur in deutscher Sprache von der Aufklärung bis in die
Gegenwart.
Das 1991 eröffnete Schweizerische Literaturarchiv ist eine Sektion der SNB und übernahm von letzte-
rer seit deren Gründung gesammelte Nachlässe (vgl. Surchat 1995, S. 39-40). Die Bestände der Medi-
athek Wallis am Standort Martigny umfassen über 200 Nachlässe, zu denen die Werke von Fotografen
oder Fotoarchive von Familien, Institutionen und Sammlern gehóren (vgl. Lugon 2003, S. 222).
Es gibt ein eigenes Verzeichnis der „Nachlässe in den Museen und Bibliotheken der Republik Oster-
reich, ausgenommen jene in der Österreichischen Nationalbibliothek und im Österreichischen Thea-
termuseum" (Renner 1993, S. 14).
8.1.2. Fotos
Die Portrátsammlung der SNB begann 1912 mit dem Kauf von 2 600 Portráts. Ab 1917 wurden auch
Fotografien angeschafft. Der Photographische Dienst wird 1935 zum ersten Mal erwáhnt. Er wurde im
Laufe der Jahre zu einem modernen Fotolabor ausgebaut (vgl. Surchat 1995, S. 33-34).
8.1.3. Musik
Viele wissenschaftlich ausgerichtete Bibliotheken hatten lange Zeit kein Interesse an Musikalien.
Letztere waren in den Verordnungen oft unzulänglich erfasst. Manche Verordnungen schlossen Musi-
kalien überhaupt aus, andere beschränkten sich auf Ausgaben mit Text. Wenn heutige Bibliotheken
umfassende historische Musikbestände aus ihrem Einzugsgebiet besitzen, so pflegen daran nachträgli-
che Erwerbungsaktionen, Schenkungen oder freie Abmachungen mehr Anteil zu haben als die Geset-
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