Masterarbeit Beat Vogt
Leskien hat Recht, wenn er moniert, dass auch Antiquare verstärkt als Zulieferer für Bibliotheken
begriffen werden sollten” (vgl. Leskien 2010, S. 76). Fabian (2010, S. 13) verweist darauf, dass ohne
Privatsammler einiges nicht in die Bibliotheken käme, was aber dort hingehört.
Die wichtigsten Stakeholder der NBs sind laut Chalmers (1997, S. 21) die akademische Welt und der
Buchhandel. Aus meiner beruflichen Praxis her gesehen sind auch andere Bibliotheken sowie Kultur-
schaffende wie beispielsweise Autoren oder Tonträger produzierende Musiker ebenso bedeutsame
Beteiligte.
3. Gesetzliche Pflichtabgabe
Gesetze und Verordnungen zur Pflichtstückabgabe (dépót légal, legal deposit) helfen als juristische
Instrumente den NBs beim Sammeln (vgl. Dorfmüller et al. 1997, S. 118).
Fast alle Lander verfügen über eine gesetzliche Pflichtabgabe. Oft aber 1st die Umschreibung des ab-
zuliefernden Materials unklar. Es fehlt vielfach eine klar defimerte Richtlinie, was genau abzugeben
ist. Ursprünglich war dies recht einfach, da bloss Druckwerke - konkret Bücher, Zeitschriften, Zei-
tungen und Karten — unter die gesetzliche Pflichtabgabe fielen. Im | Laufe der Zeit hat die Vielfalt der
abgabepflichtigen Medien zugenommen ": Es treten immer mehr neue Formen von Publikationen auf,
sei esim audiovisuellen, im elektronischen | oder im digitalen Bereich"! (vgl. Matovu et al. 2012, S.
1-2).
3.1. Geschichtliche Ursprünge der gesetzlichen Pflichtabgabe
Durch die Ordonnance de Montpellier qm Jahr 1537 hat der französische König Franz I. verfügt, dass
von jedem gedruckten Buch ein Exemplar der Bibliothéque du Roi abzuliefern ist (vgl. Sternberg 1991,
$. 61; Bodez et al. 2011, S. 236). Die Ordonnance de Montpellier gilt gemeinhin als erstes Pflichtab-
gabegesetz (vgl. Rabina 2009, S. 6). Le Roy Ladurie (1995, S. 237) sieht als Gründe für dieses Edikt
?Leskien (2010, S. 75) nennt einige Fakten über Beziehungen zwischen Antiquaren und Bibliothekaren: ,,Deut-
sche Bibliotheken spielen als Antiquariatskunden lediglich eine untergeordnete Rolle, was Firmen zu Recht
beklagen. Wenn Antiquariate gegenwärtig 95% des Umsatzes nicht mit Bibliotheken machen, ist dies kein Ge-
schäftsfeld, das besonders im Blickfeld steht. Die SDD-Bibliotheken verweisen ihrerseits ebenfalls auf Mängel
in der Zusammenarbeit und murren vor allem über den hohen nótigen Personalaufwand. Diesem zunáchst wider-
sprüchlich scheinenden Zustand liegen zwei einfache Diagnosen zugrunde: Einerseits werden viele der von Bib-
liotheken gesuchten Werke von Antiquaren gar nicht angeboten. Die gehandelten Drucke anderseits sind in den
zuständigen Bibliotheken zu einem sehr hohen Prozentsatz (bis zu 80%!) schon (oder noch) vorhanden. Am
gemeinsamen Markt scheint somit der Antrieb für beiderseits lohnende Geschäfte unterhalb der Rentabilitäts-
schwelle zu liegen. Angebot und Nachfrage fallen gravierend auseinander. Das hat Auswirkungen auf die ge-
samte Breite der Leistungen — von der Ankaufspolitik bis hin zu Angebotsformen. Die Beziehungen zwischen
Antiquaren und Bibliothekaren sind aus diesem Grund nicht optimiert. Und so verwundert es überhaupt nicht,
wenn der übliche bibliothekarische Weg der systematischen Durchsicht von Antiquariatskatalogen einen extrem
personalintensiven Leerlauf verursacht. (Dieser Weg ist für die einschlágige Vertriebsform untauglich.)*
!° Matovu et al. (2012, S. 2) erwáhnen als Beispiel das spanische Pflichtabgabegesetz von 1957.
!! to some scholars, the term 'publication' in legal deposit is used in the widest sense possible to include the
traditional printed text materials as well as non-printed materials that include maps and music; and a wide range
of non-book materials, or audiovisual materials, that again include sound recordings, videotapes, learning kits,
jigsaw puzzles, cassettes, globes, and machine-readable files” (Matovu et al. 2012, S. 2).
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