Im Falle Liechtensteins und Deutschlands geht es darum einen Ausgleich zu finden, bzw. das
Tätigwerden der anderen Regierung im Streitthema, und zwar im eigenen Sinne, zu erwirken.
Hier stehen zwei (politische) Öffentlichkeiten einander gegenüber, die beide im Rahmen ihrer
nationalen Interessen einen Ausgleich auf nationaler (Politiker wollen wieder gewählt werden
und müssen daher für den Ausgleich innenpolitische Unterstützung finden) wie inter-
nationaler Ebene finden wollen und müssen.
Steuerflüchtlinge handeln zunehmend international. Staaten, denen durch die internationalen
,Steueroptimierungstaktiken" ihrer Staatsangehórigen Steuergelder entgehen, handeln daher
zunehmend auch international. Natürlich gilt nach wie vor das Prinzip der Nichteinmischung
eines Staates in die internen Angelegenheiten eines anderen Staates. Doch zeigen Globali-
sierung und fortschreitendes Zusammenwachsen des europáischen Wirtschaftsraumes, dass
die Welt und insbesondere Europa immer mehr zu einem einzigen politischen und wirtschaft-
lichen Raum werden. Die Autorin geht daher in vorliegender Arbeit davon aus, dass das
Eichhorn-Modell im grofeen und ganzen — mit Ergänzungen — auch auf staatenübergreifende
Kommunikation, insbesondere wenn sie über die Medien geführt wird, angewandt werden
kann. Der gegenständliche Fall des LGT-Datenkaufs durch den BND und die Verwendung
derselben durch die deutschen Steuerbehôrden kann hier auch als beispielhaft für die
Internationalisierung angesehen werden.
7.1 Imageschaden oder Chance zur Neupositionierung?
Sechs Monate nach Beginn der Steueraffäre hat Uwe Ritzer in der SZ (5.7.2008, 38) unter
dem Titel „Die Fluchtburg bröckelt“ einen treffenden, differenzierten Bericht über die Lage in
Liechtenstein abgegeben:
„Der 14. Februar 2008 hat das [...] Fürstentum verändert. [...] Wer ein knappes halbes Jahr
später in das Fürstentum reist, um etwaigen Folgen nachzuspüren, landet in einem
verunsicherten Land. Es ringt mit sich, weil es am liebsten seine diskreten Geldgeschäfte
fortsetzen würde wie vor dem 14. Februar, aber instinktiv spürt, dass das auf Dauer nicht
mehr gehen wird. Im alltäglichen Leben in Vaduz spielt der Fall Zumwinkel keine grosse
Rolle mehr. Mehr oder minder unbeteiligt nimmt das Fürstenvolk zur Kenntnis, was ihm
die Politiker der großen bürgerlichen Koalition alle paar Tage über die von ihnen
kontrollierten Zeitungen. zurufen: Dass Deutschland unverschámt und selbst schuld sei,
weil es miserable Gesetze habe, die jeden vernünftigen Steuerzahler vertreiben." (SZ,
5.7.2008, 38)
Die Oppositionsführerin im Liechtensteiner Landtag, Andrea Matt, wird folgendermaBen
zitiert: „Nach außen herrscht eine trügerische Ruhe. Aber hinter den Kulissen wird schwer
gerungen, wie weit man mit Reformen gehen muss.^
Es bleibt ein gewaltiger Imageschaden für Liechtenstein, den alle relevanten Kráfte in
Liechtenstein nicht so schnell wieder herstellen kónnen. Ungeachtet dessen, ob dies nun
gezielt herbeigeführt oder einfach sehenden Auges in Kauf genommen wurde, der Image-
schaden trifft besonders die seriós wirtschaftenden Bereiche im Land, ebenso wie
unbescholtene Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, die im Ausland auf die Affäre
angesprochen und ,schief angesehen" werden. Ganz konkret hat sich zum Beispiel Allianz
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