Volltext: Liechtenstein und die deutsche Steueraffäre:

dieses Prozesses werden Prioritäten gesetzt und für unwichtig empfundene Ereignisse und 
Fakten weggelassen. Durch den Prozess der Selektion werden Aspekte der gesellschaftlichen 
bzw. globalen Realität, die Gegenstand öffentlicher Meinung werden sollen, von jenen 
getrennt, die nicht beachtet werden sollen. Es besteht die Gefahr, dass durch extreme 
Vereinfachungen und entsprechende Weglassungen nicht nur ein überschaubares Bild 
gezeichnet wird, sondern Realitäten verzerrt werden und ein völlig anderes Bild entsteht als es 
der Realität entspricht. Durch den Prozess des Framing werden Einzelereignisse und Issues in 
einen Sinnzusammenhang, in einen Rahmen bzw. frame, gestellt. Das Framing gibt dem 
Medienkonsumenten die Möglichkeit, die einzelnen Issues vor einem größeren Hintergrund 
einzuordnen und neue Ereignisse entsprechend einzuordnen (vgl. Eichhorn 2005, 129). 
6.7.1 Hintergründe der Steueraffäre 
Im Fall der Steueraffäre war der Hintergrund auf europdischer Ebene betreffend 
länderübergreifende Steuerfragen bereits seit Jahren aufbereitet. Man denke an die OECD- 
Diskussion über Steuerwettbewerb vs. Steuerharmonisierung, an Sportler und Unternehmen, 
die aus steuerlichen Gründen „auswandern“ und damit des öfteren für Schlagzeilen sorgen. 
In Deutschland war der Hintergrund mit den Diskussionen um überdimensionale Manager- 
gehälter, die auch bei vôlligem Versagen der Manager noch als ,,golden handshakes“ 
ausgezahlt werden, die ,Arm-Reich-Debatte“, die von der Subprime-Krise betroffenen 
deutschen Landesbanken, denen der Staat zum Überleben mit Millionen Euro an 
Steuergeldern unter die Arme greifen musste, insbesondere der IKB, seit Monaten aufbereitet. 
Auch im zwischenstaatlichen Bereich zwischen Liechtenstein und Deutschland gab es bereits 
einen bekannten Hintergrund bzw. war der Boden nicht unvorbereitet. Seit Jahren wurde und 
wird Liechtenstein wegen seiner niedrigen Steuern für Unternehmen und Holding- 
gesellschaften sowie für sein Rechtsinstrument der Stiftung kritisiert. Der Finanzplatz 
Liechtenstein war, so wie der Schweizer Finanzplatz, für seine traditionell exzellenten 
Finanzdienstleistungen, für seine Diskretion, die sich im Bankkundengeheimnis manifestierte, 
bekannt. So konnten früher Juden ihr Vermögen vor dem Zugriff des Hitler-Regimes und 
damit oft ihr Leben retten, indem sie es am diskreten Schweizer oder später auch 
Liechtensteiner Finanzplatz anlegten. Die Art der Vermögenssicherung, wenn damit dem 
Fiskus ihm zustehendes Geld entgeht, wird heutzutage nicht goutiert. Dass Liechtenstein kein 
Interesse daran hat, sich auf Kosten anderer zu bereichern, hat die Regierung immer wieder 
bestätigt und dies mit der Unterzeichnung des EU-Zinsertragsabkommens im Jahre 2004, das 
mit 1. Juli 2005 in Kraft getreten ist, praktisch bewiesen. Der frühere deutsche Finanzminister 
Hans Eichel drückte seinen Ärger über die Liechtenstein-Situation mit der wenig schmeichel- 
haften Bemerkung von der „Made im Speck“ aus. 
6.7.2 Einflüsse auf die Themenstruktur 
Die Prozesse der Themenstrukturierung durch die Medien verlaufen nicht unabhängig von 
anderen Akteuren, die alle um die Aufmerksamkeit fiir ihre” Issues heischen und ihre 
Interessen durchsetzen wollen. Es stellt sich daher die Frage, wer letztendlich die Agenda 
setzt und welche Akteure, insbesondere Politiker und Interessengruppen, ,ihre^ Issues und 
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