Volltext: Liechtenstein und die deutsche Steueraffäre:

Issue „Kampf der Steuerhinterziehung in Deutschland“ 
Dies war eines der wesentlichsten Themen innerhalb der Steueraffäre, die sich durch die 
gesamte Medienberichterstattung durchzog. 
Zunächst war man in Deutschland offensichtlich — aus welchen Gründen auch immer (siehe 
dazu auch Kap. 6.9) — daran interessiert, das Interesse móglichst auf Liechtenstein zu lenken, 
und das mit nicht zimperlicher Wortwahl. So war anfangs die Rede von ,Räuberhôhle“, von 
der ,,modernen Form des Raubrittertums" oder gar von einem ,,Schurkenstaat". Dies bot den 
Nährboden für Vorschläge zur Verschärfung des Strafrahmens für Steuerhinterziehung von 10 
auf 15 Jahre. Doch nicht alle waren mit dieser Haltung und diesem Vorgehen einverstanden. 
Ein Kommentar aus einem Leserbrief im SPIEGEL 9/2008 steht stellvertretend für viele 
Stimmen aus Deutschland, die auch in Mails an die Liechtensteinische Regierung zum 
Ausdruck kam: „Peinlich und entwürdigend ist der Ruf unserer Politiker nach höheren Strafen 
für Steuersünder. Der Aufruf zur öffentlichen Hatz, die Vorführung von Persönlichkeiten — 
nur mit Blick auf Stimmenfang — ist unanständig und widerlich, da man selbst die Finger im 
Teig bis zu den Ellenbogen hat. Allein der Standort Deutschland ist durch die 
Steuergesetzgebung gefährdet.“ 
Einige Interessengruppen nahmen die Steueraffäre zum Anlass, um Symptombekämpfung 
innerhalb Deutschlands zu betreiben und das Problem Steuerhinterziehung in den Griff zu 
bekommen. So forderten der Deutsche Gewerkschaftsbund und Politiker mehr Personal für 
die Steuerbehörden: „Wir brauchen mehr Steuerfahnder und Betriebsprüfer, und wir brauchen 
eine bessere Koordination zwischen den Ländern und dem Bund.“ (Michael Meister, 
Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Handelsblatt, 19.2., 2) oder 
„In erster Linie bräuchten wir bundesweit eine bessere Ausstattung der Steuerfahndung und 
eine Stärkung der Sonderstaatsanwaltschaften.“ (Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer, FTD, 
19.2., 26). „Der Verfolgungsdruck muss steigen“ titelte der Tagesspiegel am 20.2.2008 (S. 4). 
Jedenfalls war die Steueraffäre Anlass dafür, dass in Deutschland eine kontroversielle Dis- 
kussion über eine mögliche Vereinfachung des Steuersystems geführt wurde. Während 
Bundesfinanzminister Steinbrück (SPD) dies kategorisch ablehnte, meldeten sich z.B. der 
bayerische Finanzminister Huber (CSU) und der FDP-Steuerexperte Solms mit Forderungen 
zu Wort, das deutsche Steuersystem radikal zu vereinfachen (dpa, 24.2.2008). Im Fall der 
Steuerhinterziehung von Klaus Zumwinkel wollte man offensichtliche Wirkung für andere 
Steuerhinterzieher erwirken, auch wenn man recht schnell wieder zurücktreten musste: 
Morgens um acht Uhr war in den Nachrichten die Rede von einer zweistelligen 
Millionensumme, die angeblich hinterzogen worden ist. Am Nachmittag um 17 Uhr war es 
gerade noch eine Million hinterzogener Steuern. Das ist sicher auch viel Geld, aber nicht 
genug für eine „mediale Hinrichtung‘. Wo blieb hier die Unschuldsvermutung? So bleibt das 
ungute Gefühl, dass der national bekannte Klaus Zumwinkel als abschreckendes Beispiel 
herhalten musste. Die Durchsuchung bei Zumwinkel war nichts anderes als ein moderner 
Medienpranger, den die ansonsten seriöse FTD am 25.2.2008 (S. 26) auch noch veröffent- 
lichte: „Irgendwann kriegt die Steuerfahndung alle“. 
Issue „Steuerwettbewerb vs. Steuerharmonisierung“ 
Das Thema Steuerhinterziehung in Deutschland im weiteren Sinne, im Hinblick auf das Maß 
an Steuerehrlichkeit in Deutschland und anderen europäischen Ländern, war anfangs 
vordergründig und in erster Linie Thema in den Massenmedien. Doch in Wahrheit steckt hier 
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