Volltext: Ueber die Durchführung der Sozialversicherung im Fürstentum Liechtenstein

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möglich, die Verwaltung ganz einfach zu halten 
und die Kosten derselben in ein wirtschaftliches 
Verhältnis zum Nutzen der Versicherung zu 
zwingen. Alle Abstufungen irgend welcher Art, 
fei es in den Leistungen, sei es in den Beiträ 
gen der Versicherten, erschweren die Verwal 
tung und machen sie kostspielig. Deshalb habe- 
ich für Liesen orientierenden Bericht zunächst 
in jedem der Zweige einheitliche Bersicherungs- 
leistungen vorausgesetzt. 
Hierbei ist noch zu beronen, daß diese nicht 
ausnahmslos als Bargeldleistungen aufgefaßt 
werden müssen; sie können vielmehr auch den 
Geldwert von Naturalleistungen darstellen, die 
dem Versicherten oder den Berechtigten ge 
währt werden. Naturalleistungen lassen.sich in 
jedem der Versicherungszwcige ohne große 
Schwierigkeiten an Geldesstatt setzen. In der 
Krankenversicherung wird dem Versicherten 
durch Verträge der Krankenkassen mit Spitä 
lern, sei es im Fürstentum, sei es außerhalb 
desselben, dort eine zweckdienliche Pflege gesi 
chert. In der Invalidenversicherung können die 
Barleistungen durch das Unterbringen in ei 
ner Anstalt, in- oder außerhalb des Landes, 
ersetzt werden, in der Altersversicherung durch 
die Versorgung in einem Altersheim usw. Ich 
glaube, die Gewährung von Naturalleistungen 
an Stelle vou Bargeld nicht besonders begrün 
den zu müssen und ich darf die Einzelheiten 
einer solchen Ordnung wohl späteren Stadien 
oer Einführung der Verstcherung überlassen. 
2. Voraussichtliche Kosten der einzelnen Ber- 
sicherungszweige. 
Von vorneherein muß ich feststellen, daß 
mir nicht, wenige Elemente fehlen, die einiger 
maßen zuverlässige Kostenschätzungen erlauben 
würden. Es ist mir z. B. nur die Einwohner 
zahl des Fürstentums und diese überhaupt nur 
annähernd bekannt; jede Abstufung derselben 
nach Geschlecht, Aster, Zivilftand usw., die die 
Schätzungen erleichtern könnte, fehlt. So bin 
ich darauf angewiesen, Zahlen zuzuziehen, die 
aus statistischen Erhebungen bei der schweizeri 
schen Bevölkerung sich ergeben; auch bin ich ge 
zwungen vorauszusetzen, daß ähnliche Verhält 
nisse vermutlich auch im Fürstentum Liechten 
stein bestehen. Demnach dürfen meine rohen 
Schätzungen wirklich als nichts anderes als 
solche hingenommen werden. Eine einläßliche 
Orientterung wird erst möglich fein, wenn 
man im Lande selbst die notwendigen Erhe 
bungen durchführt. 
Tie folgenden Kostenschätzungen sind auf 
gestellt in der Annahme, daß die Landesregie 
rung beabsichtigt, der Versicherung tunlichst so 
fortige Wirksamkeit zu verschaffen; sie beruhen 
daher auf dem sogen. Umlageverfahren. Es 
werden also nur die ungefähren Beträge und 
Summen, ermittelt, die alljährlich erforderlich 
werden und aufzubringen sind, um bestimmte 
Versicherungsleistungen durch jährliche Umlage 
decken zu können. Wie ich schon hervorgehoben, 
kann eine definitive Kostenberechnung erst 
stattfinden, wenn der Experte über die Wünsche 
der Landesregierung bezüglich Leistungen und 
Organisation genau unterrichtet sein wird. 
a) Krankenversicherung. 
Leistungen: Krankengeld von Fr. 2.— im 
Tag oder Gewährung von drei Vierteilen der 
Kosten, für ärztliche Behandlung und Arznei, 
und Fr. 0.80 in bar pro Krankentag, während 
einer Unterstützungsdauer von 180 Tagen in 
nerhalb eines Zeitraumes von 360 aufeinan 
derfolgenden Tagen. 
Tie statistischen Unterlagen für Kosten 
schätzungen in der Krankenversicherung sind 
keine besonders sichern; Krankheit an und für 
sich ist stets bis zu einem gewissen Grade ein 
ivillkürlicher, dehnbarer Begriff. Was den ei 
nen veranlaßt das Bett zu hüten, wird einen 
andern nicht einmal zum Aussetzen der Arbeit 
bewegen. Neben Alter, Beruf, Geschlecht, 
Wohnort, ist wichtig, ob Unfallkrankheiten mit- 
zuversichern sind oder nicht. Auch der Lohn und 
die relative Höhe des Krankengeldes zu dem 
selben spielen eine Rolle. Tie Art dcr Kranken 
versicherung. ob reine Krankenpflegeversiche 
rung, gemischte Pflege- und Geldversichcrung 
oder reine Geldversichcrung beeinflussen die 
Krankheitsdauer und damit die Kosten. Auch 
ist die Krankheitsdauer von der Strenge der 
ausgeübten Kontrolle abhängig. 
Tie Einwirkung all dieser Faktoren zu er 
wägen und ihr 'Gewicht festzustellen, kann heute 
nicht unsere Aufgabe sein; solche Erörterungen 
hätten zur Stunde nur akademischen Wert. Tie 
Kosten und der Einfluß dieser und jener Maß 
nehmen werden sich erst nach der Verwirklich 
ung der Versicherung auf Grund der konkreten 
Verhältnisse feststellen lassen. Für die vorlie 
gende Orientierung wird genügen, wenn wir 
einige wenige Erfahrungszahlen berücksichtigen 
und aus denselben Schlüsse auf die mögliche 
Gestaltung der Tinge im Fürstentum Liechten 
stein ziehen. Zu all den Faktoren, die wir 
schon als die Kosten dcr Krankenversicherung 
stark beeinflussend erwähnten, gesellt sich zu 
dem ein Unistand größter Unsicherheit in Be 
zug auf die Gewährung z. B. von Naturalleist
	        

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