Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

hängig davon, ob sich ihre Behandlung nach überverfassungs- oder 
nur nach verfassungsmässigen Grundsätzen richtet, keine Staatsver- 
tragsschranke, sondern nicht mehr und nicht weniger als einen Stan- 
dard für die Erfüllung einer Geltungs- und Anwendungsvoraussetzung des 
Völkervertragsrechts (vor allem des Wirtschaftsvertragsrechts) in Liechten- 
stein bildet, und zwar nach Massgabe des Landesrechts. Auch wenn die 
Auseinandersetzungen um diese Frage die Voraussetzungen für ei- 
nen sowohl völkervertrags- als auch landesrechtlichen Vollzug der 
von Liechtenstein abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge (vor 
allem der Wirtschaftsverträge) bis in die jüngste Zeit in Frage gestellt 
haben, bilden die hohen Kundmachungsstandards, die der Staatsge- 
richtshof in der Vergangenheit geltend gemacht hat, keine Struktur- 
prinzipen der liechtensteinischen Verfassungsordnung und damit 
auch keine Staatsvertragsschranke oder gar einen Einschnitt in der 
Vertragsfähigkeit (Vertragsabschluss- und -vollzugsfáhigkeit) Liech- 
tensteins. Heute scheint die mit diesen Standards verbundene Pro- 
blematik weitgehend überwunden zu sein — ausgestanden ist dieser 
Konflikt jedoch nicht. 
Vor diesem Hintergrund sollte von Regierung und Landtag im 
Sinne eines neuen bzw. neuartigen Ansatzes erwogen werden, die 
Schweizerischen Publikationsorgane - die Amtliche, aber auch die 
Systematische Sammlung des Schweizerischen Bundesrechts (AS 
und SR) - einer Kundmachung des Wirtschaftsvertragsrechts nicht 
nur mittelbar (per Referenzpublikation), sondern auch unmittelbar 
nutzbar zu machen. Gerade im Rahmen der Rechts- und Wirtschafts- 
gemeinschaft mit der Schweiz geht es um die Notwendigkeit einer 
,zureichende(n) Akzeptanz der Normen“3262, die eine diesem Postulat 
entsprechende Art und Weise der Kundmachung (Publizität) zur Voraus- 
setzung hat. Würde sie verfassungs- und gesetzmàssig verankert, 
wáre gegen eine solche Lósung auch aufgrund der Praxis des Staats- 
gerichtshofes nichts einzuwenden??63, Im Gegenteil; der Rückgriff auf 
die AS und auf die SR als (‚gemeinsames’) Kundmachungsorgan der 
3262 Mayer-Maly S. 4. 
3263In StGH 1981/18, LES 1/1983 S. 42 hat der Staatsgerichtshof zwar festgestellt, dass die AS 
,auch auf Grund des Zollanschlussvertrages in Liechtenstein keine Geltung hat", im Zuge die- 
ser Feststellung jedoch nicht ausgeschlossen, dass die AS (und die SR) in Liechtenstein auf 
einer anderen Rechtsgrundlage (als dem ZV) Geltung haben könne. In StGH 1977/10/V, n. 
publ., Pkt. 2 der Entscheidungsgründe, S. 7 des Entscheidungstextes, hat der Staatsgerichts- 
hof demgegenüber zu erkennen gegeben, dass die Frage der tatsáchlichen (physischen) 
Verfügbarkeit der Schweizerischen Publikationsorgane auf einem kritischen Pfad liege. Es sei 
,im Übrigen" darauf hinzuweisen, ,dass der Bürger sich diese Schweizerischen Gesetzesvor- 
Schriften im Landes nicht besorgen kann, da sie die liechtensteinischen Behórden nicht auf- 
liegen haben". 
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