Rechtsvorschriften im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt oder
in einem in jeder Hinsicht gleichwertigen ,Ersatz-Publikationsorgan'
zu bestehen, die Strafbestimmungen enthalten (was bei Bun-
desgesetzen in der Regel der Fall ist).
Doch wie dem auch sei: Fest steht in jedem Falle, dass sich — in
Zeiten einer vor allem im Geltungsbereich der Wirtschaftsvertráge
ausufernden , Rechtsnormenflut“3243 — aus der Art und Weise der
Kundmachung von Rechtsvorschriften die Gefahr erheblicher rechts-
staatlicher Probleme in Bezug auf das Rechtsbewusstsein als einer Funk-
tion der Rechtskenntnis und des Rechtsgefühls der Einzelnen ergibt??^^
und dass diese Probleme vor allem dort zu befürchten sind, wo - wie
dies in Bezug auf das Wirtschaftsvertragsrecht mehr denn je der Fall
ist - den Rechtsunterworfenen der (Rechts-)Zugang nur über Mittel
möglich ist, deren Einsatz in der Regel spezifische Kenntnisse oder eine
individuelle Anleitung bedingt.
Dass es ohne weiteres zu einer Neuauflage jener Problematik
kommen kann, die den Staatsgerichtshof zwischen 1977 und 1999 in
einer Reihe von Erkenntnissen beschäftigt hatte3245, liegt vor diesem
Hintergrund auf der Hand. Damit sich diese Entwicklung nicht wie-
derholt, muss zwei Imperativen entsprochen werden: Dem Rechts-
schutz der Einzelnen einerseits (Grundsatz der verfassungs- und ge-
setzmássigen Kundmachung von Rechtsvorschriften) und der
Rechtssicherheit andererseits (, Wahrung des Rechtsbestandes”3246).
In diesem Zusammenhang wird der Staatsgerichtshof eines neuen
wenn nicht gar eines neuartigen Ansatzes bedürfen.
Einen Schlüssel hierzu liefern Hoop und Wille mit dem Hin-
weis, dass die Frage der Art und Weise der Kundmachung einer
Rechtsvorschrift nicht als ein Tatbestand ihrer ,Verfassungsmaéssig-
keit' zu behandeln ist, sondern als ein Gesichtspunkt des in Frage
stehenden ,Kundmachungsvorgang(es) “3247, Dieser Hinweis ist
nicht nur zutreffend; er erleichtert auch eine Unterscheidung zwischen
dem ,Medium' und der ,Materie' einer Rechtsvorschrift, wobei unter
Medium’ ihre (äussere) Erscheinungsform und unter ,Materie’ ihr
(innerer) Gehalt verstanden wird. Mit dieser Unterscheidung wird
zweierlei möglich:
3243 Mayer-Maly S. 3.
3244 Siehe hierzu Mayer-Maly S. 1ff, der darauf hinweist, dass sich das Rechtsbewusstsein sowohl
aus dem Rechtsgefühl, als auch aus der Rechtskenntnis speist.
3245 Siehe hierzu oben Pkt. 2.
3246 StGH 1990/13, LES 4/1991 S. 140.
3247 Hoop S. 301.
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