Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

ist - (auch) über die zweite Reform des Kundmachungsrechts 
de jure hinweg??!!, indem er seinen hohen Kundmachungs- 
standards doch noch einen , Überverfassungsrang zubil- 
ligt^3?1? oder indem er eine Kundmachung des Wirtschafts- 
vertragsrechts in vereinfachter Form aus anderen Gründen ab- 
lehnt??!3 — wie z.B. deshalb, weil er in der Vergangenheit auf 
dem ,durch die Verfassung und durch allgemeine Grundsütze 
einer rechtsstaatlichen Rechtsetzung gebotenen Erfordernis der 
Kundmachung im Landesgesetzblatt“3214 beharrt hat oder 
weil sein „Verlangen nach integraler liechtensteinischer Kund- 
machung" des Wirtschaftsvertragsrechts bis in die Mitte der 
neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ,von den er- 
hóhten Gesetzesstandards der EMRK beeinflusst3?15 gewe- 
sen war. Dem Staatsgerichtshof stünde es in der Tat gut an, 
sich seines Gutachtens vom 30. April 1984, StGH 1983/11, zu 
entsinnen und sich in diesem Zusammenhang in Erinnerung 
zu rufen, dass er in diesem Erkenntnis „deutlich zu verstehen 
gegeben” hatte, „dass er eine Kundmachung zumindest der in 
Liechtenstein anwendbaren Bundesgesetze in vereinfachter 
Form nach wie vor nicht würde dulden können — und zwar 
auch dann nicht, wenn die Verfassung in einem abweichenden Sinne 
ren 1985 und 1996 (d.h. die erste und die zweite Reform des Kundmachungsrechts) materiell 
identisch sind — mit dem Unterschied, dass sich der Staatsgerichtshof nicht schon im Jahre 
1985, sondern erst im Jahre 1996 dazu bereit erklärt hat, sich diesen Revisionen zu beugen. 
Dieser Umstand ist es, der (vom Staatsgerichtshof, nicht von der Lehre) „gründlich verkannt“ 
wird. Siehe zu allem die folgende Fussnote. 
3211 Becker (Anmerkungen) S. 31 mit dem Hinweis darauf, das sich der Staatsgerichtshof „auch 
durch die Verfassungs- und Gesetzesänderungen vom 17.04.1985, die mit den gleichen Mit- 
teln die gleichen Ziele verfolgt hatten (Verankerung der Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 
einer Kundmachung in vereinfachter Form für die Gesamtheit der Schweizerischen Rechts- 
vorschriften, also auch für Bundesgesetze), zu keinem Richtungswechsel bewegen liess. Im 
Gegenteil: Der Staatsgerichtshof hat sich diesen Änderungen gegenüber ganz und gar unbe- 
rührt und unbeeindruckt gezeigt und ... darauf beharrt, dass zumindest Bundesgesetze ohne 
wenn und aber in ihrem vollständigen Wortlaut kundzumachen sind. Dass er von dieser Über- 
zeugung, die er gegen den Willen des Verfassungs- und Gesetzgebers mit zunehmender 
Verve und Entschlossenheit durchgesetzt hatte, unter dem Eindruck der Verfassungs- und 
Gesetzesánderungen vom 20.06.1996 abweichen sollte, ist nicht zu erwarten". 
3212 Kley (Verwaltungsrecht) S. 63. 
3213 Batliner (Postulat) S. 227. Erwáhnenswert ist, dass es der Staatsgerichtshof selbst gewesen 
war, der in StGH 1981/18, LES 2/1983 S. 43 vorgeschlagen hatte, für ,eine (vorübergehende 
oder dauernde) Sanierung" der Rechtslage den Weg einer ,Ergánzung ... der Verfassung" zu 
wáhlen, die ,die Regierung zu ermáchtigen (hätte)“, das Wirtschaftsvertragsrecht ,in verein- 
fachter Weise im Landesgesetzblatt kundzumachen". Der damit vorgeschlagene Einsatz der 
Referenzpublikation ist vom Staatsgerichtshof als Remedur jedoch nur mit Einschránkungen 
ins Spiel gebracht worden; siehe hierzu Becker (2. Teil) S. 88ff. 
3214 StGH 1977/10, LES 1981 S. 58 (Kursivstellung durch den Verfasser). 
3215 Batliner (EMRK) S. 148. 
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