Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

rechtswidrigen Umfang“3179, Die in Art. 22 Abs. 1 des neuen StGHG 
vorgesehene Feststellung (des Staatsgerichtshofes), dass die in Frage 
stehenden und mit der LV unvereinbaren Bestimmungen „von den 
zur Vollziehung berufenen Organen (im rechtswidrigen Umfang) 
nicht anzuwenden sind“9171, berechtigt und verpflichtet den Staats- 
gerichtshof nur in den Fállen einer materiellen Verfassungswidrigkeit. Sie 
auf die Fálle einer formellen Verfassungswidrigkeit zu beziehen, wi- 
derspricht sowohl dem Sinn und Zweck als auch dem Wortlaut der 
Art. 21 und 22 des neuen StGHG?'? und ist auch aus diesem Grunde 
unzulässig. 
Rechtskraft des Wirtschaftsvertragsrechts 
In der Lehre ist ,scharf kritisiert“3173 worden, dass die in StGH 
1993/4 und in StGH 1996/28 praktizierte ‚Aufhebung der Anwend- 
barkeit‘ einer Rechtsvorschrift zu einer Situation führe, die (noch) 
mehr Rechtsunsicherheit schaffe als dies ohnehin schon der Fall 
sei31/4 Auch wenn der Vorwurf, der Staatsgerichtshof habe mit die- 
sem Vorgehen zu einem ,Tontaubenschiessen“3175 auf die in Liech- 
tenstein aufgrund der Wirtschaftsverträge geltenden Schweizeri- 
schen Rechtsvorschriften eingeladen, überspitzt sein mag, trifft er zu: 
Dadurch, dass sowohl StGH 1993/4 als auch StGH 1996/28 und 
StGH 1997/7 die ‚Aufhebung der Anwendbarkeit‘ einer Rechtsvor- 
schrift erklären, zerlegen sie deren Rechtskraft in die beiden Be- 
standteile gemäss Art. 14 und 15 KmG mit dem Ergebnis einer „de- 
facto-Ausserkraftsetzung“3176 des Wirtschaftsvertragsrechts in den 
Fällen einer nicht verfassungs- oder gesetzmässigen Kundma- 
chung?!77, 
3170 Art. 22 Abs. 1 des neuen StGHG. 
3171 Art. 22 Abs. 1 des neuen StGHG. 
3172 In diesem Zusammenhang liegt schliesslich auch eine Inkonsistenz zwischen StGH 1993/4 
und StGH 1995/20 vor: In StGH 1995/20, LES 3/1997, S. 37f hat es der Staatsgerichtshof 
abgelehnt, eine Bestimmung des neuen StGHG auf den Anlassfall zur Anwendung zu brin- 
gen, obwohl es in StGH 1995/20, LES 1/1997 S. 38 ebenfalls um eine ,rechtspolitische Lücke 
bzw planwidrige Unvollstándigkeit im StGHG" ging und obwohl ihn dieser Schritt aus einem 
ähnlichen „Dilemma“ geholfen hätte wie er es in SIGH 1993/4 angetroffen hatte. 
3173 StGH 1996/28, LES 2/1998 S. 59. 
3174 Becker (Anmerkungen) S. 29ff (Pkte. 26ff). 
3175 Becker (Anmerkungen) S. 32. 
3176 Becker (Anmerkungen) S. 30. Nahezu gleichlautend die Regierung (BuA Nr. 32/1996) S. 1f, 
wo von einer ,faktische(n) Erklárung der Nichtanwendbarkeit der Anlage | des Zollvertrages" 
ebenso wie von einer ,Ausserkraftsetzung der Anwendbarkeit" die Rede ist. 
3177 Siehe zu allem Becker (Anmerkungen) S. 28ff (Pkte. 18f und 25ff) sowie das 11. Kapitel Pkt. 
32. 
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