Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

auf der Ebene eines EWR-Mitgliedstaates in einem Einzelfall erge- 
ben. 
Damit wird ein Potential an (vor allem subjektiven und sehr 
viel weniger objektiven) ‚Vertretbarkeitserwägungen’ erschlossen, 
das von EWR-Mitgliedstaat zu EWR-Mitgliedstaat mehr oder weni- 
ger gross kann. 
Zur Veranschaulichung sei auf einen Fall hingewiesen, in dem 
das Amt für Volkswirtschaft einem englischen Staatsbürger mit 
Wohnsitz in London im Jahre 1997 die Aufnahme und Ausübung der 
Tätigkeit des Geschäftsführers eines liechtensteinischen Gewerbebe- 
triebes unter Berufung auf eine Bestimmung des GewG verboten 
hatte. In dieser Bestimmung war ein inländischer (d.h. ein liechten- 
steinischer) Wohnsitz der Person des Geschäftsführers für die Ertei- 
lung einer Gewerbebewilligung vorausgesetzt worden?98!, 
In diesem Fall, in dem es um eine der (vor dem EWR-Beitritt 
Liechtensteins) traditionellen diskriminierenden Schutzbestimmun- 
gen vor allem im Bereich der selbständig Erwerbstätigen ging, hat 
die VBI in einem ,Vorabentscheidungsgesuch' an den EFTA-Ge- 
richtshof zur Unterstützung der betreffenden Bestimmungen des 
GewG Erwágungen angestellt, die — vor allem in Bezug auf den 
Hinweis auf die Móglichkeit einer Anrufung von Protokoll 15 EWRA 
einerseits und der Schutzklausel des Art. 112 EWRA andererseits2982 
- weder im damaligen noch im heutigen Zeitpunkt geteilt werden 
konnen. In seiner advisory opinion in der Rechtssache E-3/98, Rainford- 
Towning, hat der EFTA-Gerichtshof diese Erwágungen in zwei kur- 
zen, nicht mehr als fünf Zeilen umfassenden Absátzen ohne weiteres 
zurückgewiesen?983, 
Werden Argumente dieses Zuschnitts dem Gutglaubensbe- 
weis zugänglich gemacht, auf den sich öffentliche Rechtsträger nach 
Massgabe der Praxis des OGH berufen können, führt dies zu einem 
Dammbruch, der die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen 
im gleichen Ausmass erschwert wenn nicht gar verunmöglicht. In 
diesem Falle wird nicht an der (rechtsstaatlichen) Erwartung ange- 
knüpft, dass sich öffentliche Rechtsträger im Rahmen ihrer amtlichen 
2981 Siehe zu allem den Sitzungsbericht zum Gutachten des EFTA-Gerichtshofes in der Rs E- 
3/98, Rainford-Towning, REC 1998 S. 221ff. 
2982 Zweite Frage der VBI in der Rs des Gutachtens des EFTA-Gerichtshofes in der Rs E-3/98, 
Rainford-Towning, REC 1998 S. 222. 
2983 Rdziff. 48 und 49 des Gutachtens des EFTA-Gerichtshofes in der Rs E-3/98, Rainford- 
Towning, REC 1998 S. 218. 
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