Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

2.3.1.2 
nes Öffentlichen Rechtsträgers unabhängig davon, unter welcher 
Amtshaftungsvoraussetzung sie behandelt wird, zu einer Abweisung 
der Amtshaftungsklage; im Massstab der ‚Vertretbarkeit’ werden die 
subjektive Seite (das Verschulden) und die objektive Seite (die Wi- 
derrechtlichkeit) des in Frage stehenden Organverhaltens neutrali- 
siert. 
Damit hat der OGH mit dem Begriff der , Vertretbarkeit' einer 
,an sich unrichtige(n) ... Rechtsauffassung/?9/! bzw. ,Rechtsan- 
sicht“2972 eine neue und übergeordnete negative Amtshaftungsvoraus- 
setzung eingeführt, in der die Trennlinie zwischen den beiden Amts- 
haftungsvoraussetzungen des Verschuldens und der Widerrecht- 
lichkeit in den Fällen eines judikativen oder eines administrativen 
Unrechts gegenstandslos wird. Unter dem Massstab der ‚Vertretbar- 
keit’ geraten diese beiden Amtshaftungsvoraussetzungen zu aus- 
tauschbaren Qualifikationen ein und desselben Organverhaltens. 
Der Vertretbarkeitsvorbehalt als Gutglaubensbeweis 
Trotz dieser ,Amalgamisierung' der beiden Amtshaftungsvorausset- 
zungen des Verschuldens und der Widerrechtlichkeit im , Vertretbar- 
keitskriterium" richtet sich die ,Befreiungsmóglichkeit', die der OGH 
in seiner Praxis eróffnet hat, nach Art. 3 Abs. 5 erster Satz AHG. D.h., 
dass sie der in dieser Bestimmung vorgesehenen Beweislastumkehr 
folgt, nach deren Massgabe nicht der Amtshaftungskláger, sondern 
der óffentliche Rechtstráger nachzuweisen hat, dass kein Verschulden 
bestanden hat. Diese Rechtslage ergibt sich aus Art. 3 Abs. 5 AHG 
sowie aus der Praxis des OGH zum AHG ohne weiteres. 
Was dies bedeutet, liegt auf der Hand: Kann der betreffende 
öffentliche Rechtsträger — in den Kategorien der Praxis des OGH — 
den Nachweis erbringen, eine „vertretbare Rechtsauffassung“?973 
bzw. ,Rechtsansicht“2974 eingenommen zu haben, ist die Amtshaf- 
tungsklage auch dann abzuweisen, wenn von den Vorgaben gelten- 
den Gesetzes- oder Richterrechts abgewichen worden ist. Nachzu- 
weisen ist also ein Verhalten, das — im weitesten Sinne — due diligence 
entspricht. 
2971 Beschluss des OGH vom 5. Februar 1998, OG-C 471/95, LES 4/1998 S. 233. 
2972 Urteil des OGH vom 1. April 1999, OG-C 471/95-57, LES 4/1999 S. 246. 
2973 Beschluss des OGH vom 5. Februar 1998, OG-C 471/95, LES 4/1998 S. 233. 
2974 Urteil des OGH vom 1. April 1999, OG-C 471/95-57, LES 4/1999 S. 246 (Kursivstellung durch 
den Verfasser). 
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