Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

im Sinne einer „Verwirklichung der objektiven Rechtsordnung“2463 
Rechnung zu tragen ist, liegt auf der Hand. Ein Beispiel hierfür bil- 
den die (anderen) ‚Binnenmarktrechte’ des EWRA (als Art. 28 
EWRA), die (ebenfalls) als grundrechts-gleiche Rechtspositionen zu 
qualifizieren sind?^94, Auch wenn dies im Wortlaut weder der LV 
noch des StGHG vorgesehen ist, sollte eine Verletzung solcher und 
anderer, vom Vólkervertragsrecht im Interesse der Einzelnen ge- 
schaffener Rechtspositionen unter den Bedingungen von Art. 23 
StGHG im Sinne eines Postulates auf die gleiche Art und Weise, d.h. 
unter den gleichen Bedingungen angefochten werden kónnen wie ei- 
ne Verletzung der von der EMRK oder vom UNO-Pakt II garantier- 
ten Grundrechte. Welche Rechtspositionen hierfür in Frage kommen, 
kann der Praxis des Staatsgerichtshofes im Ansatz ohne weiteres ent- 
nommen werden?465, 
Also steht es dem Staatsgerichtshof frei, weitere Rechtsposi- 
tionen (des Landes- oder des Vólkervertragsrechts) als grundrechts- 
gleiche zu qualifizieren und deren Verletzung (durch ein Vollzugs- 
organ) der Anfechtungsmôglichkeit von Art. 23 StGHG, d.h. der 
Möglichkeit einer Anfechtung mit dem Mittel einer Verfassungsbe- 
schwerde (Grundrechtsrüge) zu óffnen?^96, Es ist zu hoffen, dass der 
2463 Batliner (Verfassungsstaat) S. 110. 
2464 Hinzuweisen ist vor allem auf die Niederlassungsfreiheit gemáss Art. 31 EWRA. 
2465 Nach Massgabe von StGH 1999/5, LES 5/2002 S. 255 unter Verweis auf StGH 1995/34, LES 
2/1998 S. 82f. setzt die Zuerkennung eines ,Grundrechtscharakters' bei , Verfassungsbestim- 
mungen ausserhalb des IV. Hauptstücks" der LV ,allgemein (voraus), dass diese überhaupt 
wie klassische Grundrechte klagbar und justiziabel sind". In StGH 1998/45, StGH 1998/45, 
Jus&News 3/1999 S. 243ff sowie LES 1/2000 S. 1ff hat der Staatsgerichtshof als Vorausset- 
zung für die Anerkennung des Willkürverbotes als ein Grundrecht des ungeschriebenen Ver- 
fassungsrechis den Umstand genannt, dass eine Rechtsposition ein für die Einzelnen ,fun- 
damentales Rechtsschutzbedürfnis' verbürge. In StGH 1997/29, n. publ, Pkt. 3.3.1 der 
Entscheidungsbegründung, S. 13 des Entscheidungstextes ist es (einzig und allein) der ,ma- 
teriell vertassungsándemde bzw. —ergánzende Charakter einer durch das EWRA garantier- 
ten Rechtsposition gewesen, der dazu führt, dass diese ,einer Überprüfung im Rahmen einer 
Verfassungsbeschwerde zugänglich“ ist. 
2466 Allein, ob dem Staatsgerichtshof eine solche Vorgehensweise auch in Zukunft möglich ist, ist 
zu bezweifeln; siehe hierzu den BuA Nr. 137/2002 (Bericht und Antrag der Regierung and 
den Landtag des Fürstentums Liechtenstein betreffend die Anerkennung der Zuständigkeit 
des Ausschusses zur Beseitigung von Rassendiskriminierung [CERD] für die Entgegennahme 
und Erörterung von Mitteilungen gemäss Art. 14 des Internationalen Übereinkommens zur 
Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 21. Dezember 1965 [LGBI. 2000 Nr. 
80]) sowie die in diesem Bericht und Antrag enthaltene Gesetzesvorlage betreffend die Ab- 
änderung des StGHG. Danach soll Art. 23 Bst. b und c StGHG durch einen neuen Bst. b mit 
folgendem Wortlaut ersetzt werden: „b) wegen Verletzung der durch internationale Überein- 
kommen garantierten Rechte, für die Liechtenstein ein Individualbeschwerderecht anerkannt 
hat“. In welcher Form und ob dieser Bericht und Antrag (diese Gesetzesvorlage) dem Landtag 
überhaupt vorgelegt werden wird, ist nach wie vor ungewiss. Ende Februar 2003 hat die Re- 
gierung diesen Bericht und Antrag (diese Gesetzesvorlage) mit Schreiben an den Landtags- 
präsidenten zurückgezogen; siehe hierzu das Liechtensteiner Vaterland vom 1. März 2003 S. 
1. Aus welchen Gründen dies geschehen ist, ist nicht bekannt. 
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