2.2.2
wenden)?323, ist der Weg einer solchen Harmonisierung zu
wihlen?324,
Erst dann, wenn sich ergibt, dass sich die beiden an einem
Normwiderspruch beteiligten Bestimmungen des Völkervertrags-
und des Landersechts auch unter diesen Voraussetzungen nicht mit-
einander vereinbaren lassen, liegt der „Ernstfall“2325 eines echten
Konfliktes vor, der - um das Ergebnis des 18. Kapitels vorwegzuneh-
men - je nach der Stellung des betreffenden Vollzugsorgans im Ver-
fassungsgefüge durch die Anwendung der beiden Lósungsmechanis-
men des Vorranzprinzips und der Normenkontrolle zu beheben ist.
Fálle eines verdeckten Konflikts
Neben dem Fall eines echten bzw. offenen Konflikts steht jener eines
verdeckten, d.h. der Fall eines Normwiderspruchs zwischen dem Völ-
kervertrags- und dem Landesrecht, der deshalb kein echter Konflikt ist,
weil der in Frage stehende völkerrechtliche Vertrag keinen self-
executing bzw. justiziablen Charakter besitzt (d.h. nicht unmittelbar
anwendbar ist). In diesen Fällen fehlt ein konkurrierender Geltungs-
und AÁnwendungsanspruch von zwei oder mehreren Bestimmungen
(des Vólkervertrags- und des Landesrechts); es fehlt an einer konkur-
rierenden ,Normativitàt' von zwei oder mehreren (vólkervertrags-
bzw. landesrechtlichen) ,Handlungsanweisungen', die durch das be-
treffende Vollzugsorgan vollziehbar sind (Vollzugsbefehle). Verdeckte
Konflikte sind z.B. solche zwischen Landesrecht und dem „Sinn und
Zweck“2326 oder dem „Sinn und Geist“2327 eines völkerrechtlichen
Vertrages.
Dass es zu Normenkollisionen dieser Art kommen kann, liegt
auf der Hand; in der Praxis des Staatsgerichtshofes bilden StGH
1994/26 und StGH 1998/10 zwei Anschauungsbeispiele für diese Mög-
2323 Siehe als Beispiele einer völkerrechtskonformen Auslegung VBI 1997/17, LES 4/1998 S. 210
(„EWR-konforme Interpretation“) oder VBI 1997/85, Jus&News 2/1998 S. 191 sowie die
Überlegungen bei Ritter (Beamtenrecht) S. 117 in Bezug auf die Vereinbarkeit von Art. 107
LV i.d.F.d. Verfassung vom 5. Oktober 1921 mit Art. 28 EWRA.
2324 Diesen Ansatz hat z.B. die VBI bis in die jüngste Zeit gewählt; siehe hierzu VBI 2000/142,
LES 3/2002 S. 142 m.w.H.: ,Um den Widerspruch zwischen dem EWR-Recht und dem lan-
desintemen Recht von Art. 180a PGH zu beseitigen, muss das landesinteme Recht vólker-
rechtskonform und damit EWR-konform interpretiert werden".
2325 Héfling (Menschenrechtskonvention) S. 217.
2326 StGH 1996/31, n. publ., Pkt. 3.5 der Entscheidungsgründe, S. 24. des Urteilstextes, in Bezug
auf das Europäische Übereinkommen vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terroris-
mus, LGBI. 1979 Nr. 39; LR 0.353.3.
2327 StGH 1996/18, n. publ., Pkt. 3.1 der Entscheidungsgründe, S. 12 des Entscheidungstextes in
Bezug auf das ERHÜ.
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