Dementsprechend ist festzustellen, dass die Auslegung des
Völkervertrags- im Landesrecht zwar zur Zuständigkeit der Voll-
zugsorgane (Gerichte und Verwaltungsbehörden) gehört?985, Die Re-
zeption auslándischer Rechtsvorschriften?086 auf einer vólkervertrags-
oder auf einer landesrechtlichen Grundlage bildet jedoch eine Prüro-
gative von Landesfürst, Landtag und Regierung, die von den Voll-
zugsorganen auch dann zu (be-)achten ist, wenn sie zur Lückenfül-
lung (an sich) berechtigt und verpflichtet sind. Wird diese Trennlinie
überschritten, kann es zum Paradoxon kommen, dass im Liechtenstei-
nischen Landesgesetzblatt nicht kundgemachte Bestimmungen unter
Anrufung eben jenes Gleichbehandlungsgebotes gemäss Art. 31 Abs. 1
erster Satz LV vollzogen werden, das den Staatsgerichtshof im Jahre
1986 darauf hinweisen liess, dass „die Anwendung” des (im Liech-
tensteinischen Landesgesetzblatt im damaligen Zeitpunkt nicht
kundgemachten) ANAG „zu Lasten des Beschwerdeführers ohne
vorherige Kundmachung ... Handeln ohne gesetzliche Grundlage
und somit Willkür im Sinn der Rechtsprechung zum Gleichheits-
grundsatz gemáss Art. 31 Abs. 1 der Verfassung (ist)^?087,
Kommentar
Zusammenfassung und Kritik
Eine Analyse der Praxis des Staatsgerichtshofes zur Frage der Ausle-
gung des Vólkervertrags- im Landesrecht führt zu den folgenden
beiden Ergebnissen, die sich auf die Zuständigkeit zur Auslegung des
Völkervertrags- im Landesrecht und auf die Auslegungsmittel bezie-
hen.
Zuständigkeit zur Auslegung des Völkervertrags- im Landesrecht
In Bezug auf die Zuständigkeit zur Auslegung des Völkervertrags-
im Landesrecht ist zwischen jener der Anderen Gerichte und jener der
Sonstigen Vollzugsorgane zu unterscheiden.
2085 Siehe unten Pkt. 5.1.1.
2086 Siehe zu den verschiedenen Formen und zu den Problemen der Rezeption in ihrer üblichen,
d.h. klassischen Bedeutung Gschnitzer S. 32ff oder Gubser S. 1f m.w.H.
2087 StGH 1985/4, n. publ., Pkt. 2 der Entscheidungsgründe, S. 5 des Entscheidungstextes.
390